Die Kolumne aus dem April-Bürgerblick
Aufgefahren und abgedriftet
Lieber Tölpel!
Die
bedauerlicherweise immer kleiner werdende Christenheit beging jetzt in der
Woche vor Ostern die Karwoche, die der Christenmensch auf der ganzen Welt als
stille Trauerzeit bis zum Karsamstag gestaltet. Auf der ganzen Welt? Nein. Eine
von unbelehrbaren Groupies bevölkerte Kleinstadt am äußersten Ende des
zivilisierten Mitteleuropas hört nicht auf, der Aufklärung Widerstand zu
leisten und huldigt – von tatkräftiger Propaganda der Kampfzeitung des
Katholischen Staates gehirngewaschen – dem Narzissten vom Domplatz.
Wir
sprechen von Passau, wo die Karwoche bereits mit dem Ostermittwoch endet und
zwar dergestalt, dass der Osterbischof, unterstützt von seinem
pseudo-journalistischen Stichwortgeber von kath.net der PNP, wieder
einmal allerhand krudes Zeug über die Welt, aber vor allem auch über sich
erzählen durfte. Das Ostermittwochs-Interview war für einen ganz normalen
Menschen harte Kost bis unerträglich und wirft die eigentlich entscheidende
Frage auf, wie viel Prozent (selbst) der PNP-Leser auf eine solche Peinlichkeit
nicht mit fassungslosem Kopfschütteln reagieren.
Da
ist zum einen die Arroganz des Kirchenfürsten, der nicht akzeptieren kann und
will, dass es Menschen gibt, die sich frei gegen seine Kirche und für ein
selbstbestimmtes Leben entschieden haben. Wenn jeder, der unbedingt religiös
sein will, das einfach alleine oder mit seinen Kumpels gemeinsam betreiben und
andere damit in Ruhe lassen würde, dann sähe die Welt derzeit ganz anders aus.
Aber ganz ganz anders.
Zum
anderen gibt es in besagtem Interview auch wieder ausreichend
Homestory-Elemente, die den ganzen Artikel fast noch gruseliger machen. „Ich
war, sagen wir mal, eine Mini-Berühmtheit“, darf der ehemalige Moderator eines
ziemlich uncoolen Radiosenders da verkünden. Und außerdem: „Die Liebe zu meiner
Freundin war tief und groß und fest.“ Bestimmt. Wahrscheinlich sogar die
tiefste, größte und festeste. Bis zum „Ruf“ respektive „Blitz“, wobei wir
leider im Unklaren gelassen werden, wer oder was da gerufen oder geblitzt hat.
Ratlos...
Deine Kathi
Liebe
Kathi!
„Die
Kirche braucht Menschen, die brennen.“ Das hat er auch noch gesagt, Deine
Mini-Berühmtheit. Wahrscheinlich hat er nicht unrecht. Schließlich hat das vor
ein paar hundert Jahren ganz gut funktioniert. Je mehr sie verbrannt haben,
desto gottesfürchtiger wurden die Überlebenden. Sein Selbstbewusstsein steckt
übrigens auch seine Jünger an. Am Ostersonntag Vormittag haben die gläubigen
Osteristen wieder einmal kreuz, quer und rücksichtslos den Domplatz zugeparkt.
Macht aber nichts – kann man beichten.
Stadtentwicklung,
Innovation und innerstädtische Lebensqualität sind ja derzeit (obwohl gar kein
Wahlkampf ist) wieder großes Thema. Da bleiben wir doch bitte gleich beim
Domplatz. Wer kann mir eine vergleichbar schöne und touristisch frequentierte
Altstadt in Deutschland oder ganz Europa nennen, wo jeder Besucher mit seinem
Auto bis mitten vor die Kathedrale fahren und dort auch noch parken kann? Kann
der Gottesdienstbesucher, der Tagesgast oder Spaziergänger nicht unterm Schanzl
oder sonst wo parken? Vorschlag: Unverzüglich die Parkschein-Parkplätze
abschaffen und mittelfristig eine vertretbare Alternative für die Anwohner
schaffen. Doch, das geht – wenn man will.
Ein
Tunnel durch den Georgsberg geht scheinbar nicht, eine Nordtangente brauchts
dafür jetzt doch irgendwie. Also brauchts natürlich nicht, aber das
Dobrindtsche Kasperlministerium hat aus klassisch-bayerischen Gründen (Filz,
Beton und Nicht-CSUler ärgern) nun einen vordringlichen Bedarf festgestellt.
Man weiß zwar nicht für wen, warum und überhaupt, aber das zeichnet Beschlüsse
aus dem Verkehrsministerium ja generell aus. Außerdem ist es grad wurscht.
Oder, wie der Wegscheider Bürgermeister meint: „Dass bei der Umsetzung der
Umgehungsstraße um die Stadt über die Ilz eine große Brücke drübergeht, das
kann eigentlich kein großes Dilemma sein.“ Genau! Und außerdem sparst Dir das
blöde Spazierengehen, wenn Du von oben runter schauen kannst.
Zum
Thema Grenzzaun-Halbe für 88 Cent, haltbar bis zum 9. November, hat einer einen
Leserbrief geschrieben, in dem er die Forderung, die verantwortliche Brauerei
deshalb vom Gäubodenfest auszuschließen, verglich mit dem Boykott jüdischer
Geschäfte im Dritten Reich. Geschrieben hat er wortwörtlich, dass es schon
damals hieß: „Kauft nicht bei Juden.“ Wer so was abdruckt?
Ich
lese bloß eine Zeitung.
Dein Tölpel
4 Kommentare:
Herzlichen Dank! Ist es denn möglich, dies öfter - vielleicht sogar regelmäßig - zu machen? Wenn das mit einem gewissen zeitlichen Abstand zum Erscheinen des Bürgerblicks geschieht, könnte wohl auch Herr Denk nichts dagegen haben. Für das Blog wäre das m.E. wichtig.
Exakt!
Dem Herrn Anonym kann ich mich nur anschließen. Dass es das Birkenseer-Oster-Ostern-Interview immer noch gibt, wundert einen fast ein wenig. Denn dem Vernehmen nach hat die Grinsekatze den PNP-Newsdeskchef für eine unliebsame Überschrift nach Erdogan-Manier "eingenordet", was selbst dem sonst so demütigen Birkenseer zu viel gewesen sein soll.
Übrigens kann ich als PNP-Leser einen Tipp geben, wie man die Oster-Interviews schadlos übersteht: Einfach drüberblättern.
Au ja, gute Idee für alle Exilanten, die jenseits des Verbreitungsgebiets des Bürgerblicks wohnen. Wird der Präsident das machen?
Kommentar veröffentlichen