Freitag, 9. September 2016

Kolumne aus dem aktuellen Bürgerblick

Aufgehetzt und abgesperrt 

Lieber Tölpel!

In Zeiten, wo jede Pfarrhaushälterin nicht nur den Unterschied zwischen Brazilian und Hollywood-Cut, sondern auch zwischen Burka und Niqab kennt, ist es gleichzeitig ziemlich selten, zu letzterem Thema publizierte Stellungnahmen zu hören oder lesen, die sich nicht durch einen exorbitant hohen Grad an Verblödung auszeichnen – und zwar in beide Richtungen. Da gibt es diejenigen, die meinen, man müsse jedem Turbo-Fundamentalisten so lange Toleranz entgegenbringen, bis der vor Lachen tot umfällt und wiederum die anderen, die meinen, man könne alles durch immer mehr und immer neue Gesetze regeln.

In der PNP finden alle Sektierer ihre Nische. Diverse Interviews und Artikel sind erschienen, in denen Frauen erzählen durften, das Tragen eines Kopftuches sei geradezu ein Zeichen von Freiheit und Selbstbestimmung sowie fast schon Ausdruck eines modernen Frauenbildes (dann müsste ja die Burka direkt progressiv-revolutionär sein), während sich die Redaktion gleichzeitig nicht scheut – und das übrigens im Gegensatz zum sonstigen Qualitätsjournalismus – Leserbriefe mit hetzerischen Inhalten abzudrucken.

Oder wie könnte man einen Leserbrief anders als hetzerisch nennen, in dem ein Herr aus Fürstenstein, der sich selbst mit einem witzigen (sic!) Bonmot als braun bezeichnet, uns mitteilt, es wäre nicht nur das gute Recht eines Vermieters, sondern aus Steuerzahlersicht auch durchaus begrüßenswert, wenn jemand keinen Asylbewerber (einen einzigen wohlgemerkt) als WG-Mieter in seinem Haus haben möchte. Damit man mich bitte nicht falsch versteht – jeder darf die Meinung äußern, dass er es für falsch hält, noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Er darf sogar der Meinung sein, dass schon zu viele Flüchtlinge hier sind. Bei uns darf jeder denken, was er will.

Aber was, bitteschön, soll man mit dem machen, der schon da ist und sein Recht auf einen Asylantrag wahrnimmt? Ihn auf der Straße schlafen lassen? Sieht nicht gut aus, wir sind ja immer noch in Deutschland und nicht in Dings, im Ausland halt. Bleibt nur noch Lager oder abschieben. Zahlt halt auch beides der Steuerzahler. Ginge billiger. Dass da noch kein Leserbriefschreiber drauf gekommen ist...

Deine Kathi

Liebe Kathi!

Tja, um solche Leserbriefe durch ein Sieb fallen zu lassen, bräuchte es halt das Quäntchen Fingerspitzengefühl, um Meinungsäußerung von Hetze unterscheiden zu können. Aber das fehlt ja häufig sogar unseren Politikern. Wenn übrigens sogar linke Feministinnen meinen, es gäbe bei uns gar kein Verschleierungsproblem, dann sollen sie mal nach München fahren. Da laufen Mittzwanziger-Lamborghini-Fahrer nebst (bzw. vor) ihren Kartoffelsack-Frauen und der philippinischen Kindermädchen-Sklavin durch die Straßen und behandeln Verkaufs- und Hotelpersonal wie Untermenschen. Die dürfen aber bleiben. Nein – die sollen kommen. Die haben nämlich viel Geld dabei.

Apropos Fingerspitzengefühl. „Mei, des kost’s halt“, hat er gesagt, der Herr Taubeneder. Wenn „ja, ja“ nach landläufigem gesundem Volksempfinden „leck mich am Arsch“ heißt, was heißt dann „mei, des kost’s halt“? Heißt es vielleicht: „Und iatz hoits eier Maul, ihr depperten Querulanten.“ Oder heißt es eher: „Mir is des so wurscht, wos des kost’, ihr Kleingeister.“ Oder doch: „Seid’s ihr komplett verstrahlt? Mir machan des doch immer so.“ Die wahrscheinlichste Variante ist aber: „Ham de Stoderer wirklich glaubt, mir bau’n des Trumm für 34 Mille. Dann war’ns no dümmer, ois i g’moant hob.“ Kleiner Hinweis von meiner bescheidenen Seite aus: Sollte sich der Berufsschulbau in etwas wie die Elbphilharmonie entwickeln, kostet das Ding am Schluss nicht 70 sondern 144 Millionen.

Die neue JVA muss wenigstens nicht die Stadt bezahlen. Vielleicht freuen sich deshalb alle so narrisch auf ein Gefängnis. Also zumindest die CSUler freuen sich. Geradezu gestrahlt haben sie auf dem Foto, der Taubi, der Dicki und der Wischi-Waschi. Manche freuen sich über ein Konzerthaus, manche über einen Saunaclub mit Kuchenbuffet, manche über eine neue Turnhalle und einige freuen sich halt auf ein Gefängnis. Vielleicht deshalb, weil sie schon 2002 Wahlkampf für die OB-Stichwahl mit dem Thema gemacht haben: Mit der CSU kein Gefängnis in Königschalding! 

Mei, so san’s hoid.

Dein Tölpel