Montag, 9. Mai 2016

Auf mehrfachen Wunsch

Die Kolumne aus dem April-Bürgerblick

Aufgefahren und abgedriftet                          

Lieber Tölpel!

Die bedauerlicherweise immer kleiner werdende Christenheit beging jetzt in der Woche vor Ostern die Karwoche, die der Christenmensch auf der ganzen Welt als stille Trauerzeit bis zum Karsamstag gestaltet. Auf der ganzen Welt? Nein. Eine von unbelehrbaren Groupies bevölkerte Kleinstadt am äußersten Ende des zivilisierten Mitteleuropas hört nicht auf, der Aufklärung Widerstand zu leisten und huldigt – von tatkräftiger Propaganda der Kampfzeitung des Katholischen Staates gehirngewaschen – dem Narzissten vom Domplatz.

Wir sprechen von Passau, wo die Karwoche bereits mit dem Ostermittwoch endet und zwar dergestalt, dass der Osterbischof, unterstützt von seinem pseudo-journalistischen Stichwortgeber von kath.net der PNP, wieder einmal allerhand krudes Zeug über die Welt, aber vor allem auch über sich erzählen durfte. Das Ostermittwochs-Interview war für einen ganz normalen Menschen harte Kost bis unerträglich und wirft die eigentlich entscheidende Frage auf, wie viel Prozent (selbst) der PNP-Leser auf eine solche Peinlichkeit nicht mit fassungslosem Kopfschütteln reagieren.

Da ist zum einen die Arroganz des Kirchenfürsten, der nicht akzeptieren kann und will, dass es Menschen gibt, die sich frei gegen seine Kirche und für ein selbstbestimmtes Leben entschieden haben. Wenn jeder, der unbedingt religiös sein will, das einfach alleine oder mit seinen Kumpels gemeinsam betreiben und andere damit in Ruhe lassen würde, dann sähe die Welt derzeit ganz anders aus. Aber ganz ganz anders.

Zum anderen gibt es in besagtem Interview auch wieder ausreichend Homestory-Elemente, die den ganzen Artikel fast noch gruseliger machen. „Ich war, sagen wir mal, eine Mini-Berühmtheit“, darf der ehemalige Moderator eines ziemlich uncoolen Radiosenders da verkünden. Und außerdem: „Die Liebe zu meiner Freundin war tief und groß und fest.“ Bestimmt. Wahrscheinlich sogar die tiefste, größte und festeste. Bis zum „Ruf“ respektive „Blitz“, wobei wir leider im Unklaren gelassen werden, wer oder was da gerufen oder geblitzt hat.

Ratlos...

Deine Kathi


Liebe Kathi!

„Die Kirche braucht Menschen, die brennen.“ Das hat er auch noch gesagt, Deine Mini-Berühmtheit. Wahrscheinlich hat er nicht unrecht. Schließlich hat das vor ein paar hundert Jahren ganz gut funktioniert. Je mehr sie verbrannt haben, desto gottesfürchtiger wurden die Überlebenden. Sein Selbstbewusstsein steckt übrigens auch seine Jünger an. Am Ostersonntag Vormittag haben die gläubigen Osteristen wieder einmal kreuz, quer und rücksichtslos den Domplatz zugeparkt. Macht aber nichts – kann man beichten.

Stadtentwicklung, Innovation und innerstädtische Lebensqualität sind ja derzeit (obwohl gar kein Wahlkampf ist) wieder großes Thema. Da bleiben wir doch bitte gleich beim Domplatz. Wer kann mir eine vergleichbar schöne und touristisch frequentierte Altstadt in Deutschland oder ganz Europa nennen, wo jeder Besucher mit seinem Auto bis mitten vor die Kathedrale fahren und dort auch noch parken kann? Kann der Gottesdienstbesucher, der Tagesgast oder Spaziergänger nicht unterm Schanzl oder sonst wo parken? Vorschlag: Unverzüglich die Parkschein-Parkplätze abschaffen und mittelfristig eine vertretbare Alternative für die Anwohner schaffen. Doch, das geht – wenn man will.

Ein Tunnel durch den Georgsberg geht scheinbar nicht, eine Nordtangente brauchts dafür jetzt doch irgendwie. Also brauchts natürlich nicht, aber das Dobrindtsche Kasperlministerium hat aus klassisch-bayerischen Gründen (Filz, Beton und Nicht-CSUler ärgern) nun einen vordringlichen Bedarf festgestellt. Man weiß zwar nicht für wen, warum und überhaupt, aber das zeichnet Beschlüsse aus dem Verkehrsministerium ja generell aus. Außerdem ist es grad wurscht. Oder, wie der Wegscheider Bürgermeister meint: „Dass bei der Umsetzung der Umgehungsstraße um die Stadt über die Ilz eine große Brücke drübergeht, das kann eigentlich kein großes Dilemma sein.“ Genau! Und außerdem sparst Dir das blöde Spazierengehen, wenn Du von oben runter schauen kannst.

Zum Thema Grenzzaun-Halbe für 88 Cent, haltbar bis zum 9. November, hat einer einen Leserbrief geschrieben, in dem er die Forderung, die verantwortliche Brauerei deshalb vom Gäubodenfest auszuschließen, verglich mit dem Boykott jüdischer Geschäfte im Dritten Reich. Geschrieben hat er wortwörtlich, dass es schon damals hieß: „Kauft nicht bei Juden.“ Wer so was abdruckt?

Ich lese bloß eine Zeitung.


Dein Tölpel

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Herzlichen Dank! Ist es denn möglich, dies öfter - vielleicht sogar regelmäßig - zu machen? Wenn das mit einem gewissen zeitlichen Abstand zum Erscheinen des Bürgerblicks geschieht, könnte wohl auch Herr Denk nichts dagegen haben. Für das Blog wäre das m.E. wichtig.

Anonym hat gesagt…

Exakt!

PNP-Leser hat gesagt…

Dem Herrn Anonym kann ich mich nur anschließen. Dass es das Birkenseer-Oster-Ostern-Interview immer noch gibt, wundert einen fast ein wenig. Denn dem Vernehmen nach hat die Grinsekatze den PNP-Newsdeskchef für eine unliebsame Überschrift nach Erdogan-Manier "eingenordet", was selbst dem sonst so demütigen Birkenseer zu viel gewesen sein soll.
Übrigens kann ich als PNP-Leser einen Tipp geben, wie man die Oster-Interviews schadlos übersteht: Einfach drüberblättern.

Anonym hat gesagt…

Au ja, gute Idee für alle Exilanten, die jenseits des Verbreitungsgebiets des Bürgerblicks wohnen. Wird der Präsident das machen?