Mittwoch, 6. Juli 2022

Mundtot

Wie man einem etwas verwirrenden Artikel der PNP vom 5. Juli entnehmen durfte, hat das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung Passau mitgeteilt, dass es den Kreisverband der Grünen ausgeschlossen habe – dies im Zusammenhang mit den Missbrauchsvorwürfen gegen einen grünen Mandatsträger.

Wie bitte? Haben nicht die Grünen unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe ihren Mandatsträger (der diese bestreitet) pflichtschuldig aus der Stadtratsfraktion gemobbt?

Doch, aber das reicht anscheinend nicht. Laut Bündnis-Sprecherin Klara Meyer sind nämlich von Seiten der Grünen Aussagen gefallen, die "in unseren Augen die Würde von Betroffenen sexualisierter Gewalt verletzen und in fundamentalem Widerspruch zu unserem Selbstverständnis stehen." Und jetzt kommts: Die kritisierte Aussage, die die Würde der Betroffenen verletzt, ist die der Unschuldsvermutung.

Aber es wird noch besser: Die Unschuldsvermutung darf nämlich, erklärt Frau, pardon, Mensch Meyer, nicht dazu missbraucht werden, "Betroffene von sexualisierter Gewalt und Feminist*innen außerhalb des Gerichtsgebäudes mundtot zu machen." 

Wenn wir also jetzt unterstellen, dass es sich bei dem PNP-Artikel nicht um ein schreckliches Missverständnis handelt, sondern die das alles so gesagt und gemeint haben, stellen sich für einen nicht feministisch vorgebildeten Cis-Penis-Menschen einige Fragen.

Gilt bei einem (so beschuldigtem) Vergewaltiger*er oder einem sonst gewaltsexualisiertem Täter*er grundsätzlich keine Unschuldsvermutung?

Fällt die Unschuldsvermutung beim Täter*er grundsätzlich, oder nur, wenn die Betroffenen sexualisierter Gewalt Cis- oder Trans-Uterus-Menschen sind? Oder fällt sie kategorisch immer, wenn die Gefahr besteht, Feminist*innen mundtot zu machen?

Sollte nicht – auch bei feministisch korrekten sexuellen Handlungen, aber ohne schriftliche Einverständniserklärung – der Penis-Mensch zunächst einmal immer erst als Täter*er gelten und zwar solange, bis er seine Nicht-Täterschaft bewiesen hat?

Ja, Mensch Klara Meyer. Das muss man alles mal so durchspielen. Wer U (Unschuldsvermutungsmissbrauch) sagt, muss auch V (Vorverurteilung) und P (Pranger) sagen. 

Gutes Stichwort. Wenn sich die Grünen jetzt mit "Vergewaltiger"-Plakaten vor das Haus des Beschuldigten stellen, dürfen sie dann wieder bei Euch mitmachen? Sie könnten ja auch noch zusätzlich "schuldig" skandieren.

Nur nicht mundtot machen lassen!



8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bin gespannt, wie Sie diesen scheußlichen Beitrag relativieren, wenn es am Schluss zu einer Verurteilung kommen sollte.

wahlinfo-passau hat gesagt…

Ihr Kommentar zeigt leider nur, dass Sie nicht verstanden haben/verstehen wollen, worum es mir geht.

Anonym hat gesagt…

Sehr gut, dass dieses ernste Thema hier aufgegriffen wird!
Es ist unglaublich wie hier mit dem Beschuldigten umgegangen wird.
Die Unschuldsvermutung muss auch für ihn gelten. Tut sie aber offenbar bei diesen GutFrauen nicht.

Anonym hat gesagt…

Hier wird es von Prof. Dr. Putzke etwas nüchterner kommentiert:

https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=pfbid02eiztTyzRtLctRWyC5Pe8ZAgj2atPHYWhMK5ZGk4zL9afGxFTKLzs8nKZoVtJyTpkl&id=100003167605304&m_entstream_source=timeline


Anonym hat gesagt…

Selbstzufriedene ältere Herren, die es sich in ihrer kleinen, überschaubaren Welt bequem eingerichtet haben.

Anonym hat gesagt…

@Selbstzufriedene ältere Herren: Wer persönlich wird, dem fehlen meist die Argumente. So auch hier.

Anonym hat gesagt…

Ich bin ein weißer, alter Mann und behaupte kühn: Ich bin guten Willens. Ich möchte alles richtig machen.

Jedoch: Ich bin fassungslos.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Seit langer Zeit dachte ich: Lass diese militante Minderheit ruhig laut, selbst- und ungerecht sein, sie erfüllt in diesem gesamtgesellschaftlichen Prozess eine Zieh-Lok-Funktion in die richtige Richtung.
Allmählich gelange ich zu der Erkenntnis: Man muss denen Kontra geben.

Anonym hat gesagt…

Ich bin auch ein weißer Mann, allerdings nicht alt und noch nicht mal hetero.
Mir hat das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung wegen ihres Einsatz für die Möglichkeit, hier abtreiben zu können am Anfang gut gefallen.
Leider muss ich feststellen, dass abgesehen von der hier zurecht erhobenen Kritik mir diese aggressive Gender-Politik des Bündnis gar nicht zusagt und entspricht.
Damit bringt man nicht nur konservative Fundis gegen sich auf, sondern auch einige Lesben und Schwule hier auf dem Land, die weiß Gott andere Probleme haben als diese komischen Diskussionen über Sprache und Formulierungen.
Konzentriert euch doch bitte auf die wirklichen Probleme.