Donnerstag, 21. Juli 2022

Aktuelle Kolumne aus dem Bürgerblick Juli 2022

Extrawürste

Mit großem Stolz kann ich berichten, dass ich in diesem Jahr – wenn auch nur als Zuschauer – der Fronleichnamsprozession beigewohnt habe. Es hat mir auch wirklich gut gefallen. Die sich der lokalmedialen Aufmerksamkeit stellenden Politiker, die Hatscherten, die das Partyzelt des Bischofs trugen, die beeindruckt bis belustigt wirkenden Touristen – alles irgendwie surreal, aber doch sehenswert. Ich musste jedenfalls die ganze Zeit an die Prozession der Mönche in Monty Pythons Ritter der Kokosnuss denken.

Schnell bin ich dann mit einer Gruppe amerikanischer Touristen ins Gespräch gekommen, deren Fragen zur Corpus Christi Procession ich auch großteils beantworten konnte. So konnte ich als loyaler Bürger viel Gutes über die Lamplbrüder (one of the oldest brotherhoods of the world) berichten, von der großen Beliebtheit des sympathischen Passauer Bischofs beim Volk erzählen und auf Nachfrage erklären, dass bei der Prozession jeder mitgehen darf, aber auch einige mitgehen müssen. Auf ein erstauntes Why? habe ich dann gefragt, wie denn die politische Zukunft des Gouverneurs von Texas aussehen würde, wenn er sich auf einmal gegen ein Tragen von Waffen ausspräche. Weil so ähnlich würde es einem hiesigen Bürgermeister ergehen, der sich weigert, an der Fronleichnamsprozession teilzunehmen. Das haben sie verstanden.

Was dem Münchner sein Oktoberfest, dem New Yorker sein Times Square und dem Pariser sein Eiffelturm, ist dem Passauer sein Dackelmuseum. So wird es uns von Seiten der Betreiber und zahlreichen Dackel-Fetischisten zumindest suggeriert. Nun hat die Stadtverwaltung, die ja gerade auch im Ordnungspolitischen für relativ spaßfrei bekannt ist, der Passauer Nummer-Eins-Attraktion verboten, eine Sitzbank und dergleichen vorm Museumseingang zu platzieren. So weit, so unspektakulär. Hätten nicht die Museumsbetreiber sofort schwerste Geschütze aufgefahren und – um Himmels Willen – mit einem Wegzug nach Regensburg gedroht, was aber bei der Stadt bisher dummerweise niemanden interessiert hat. Vielleicht sollte man im zweiten Schritt mit einer Mitnahme von Domorgel, Oberhaus und Ortspitze nach Regensburg drohen. Irgendwann wird auch Iron Jürgen mürbe.

Der Fairness halber sollte aber auch Folgendes angemerkt werden. Der offiziellen Stellungnahme, es könne keine Extrawürste geben, sei entgegnet: Wenn es zwischen Rindermarkt und Rathaus irgendwelche von Gewerbetreibenden auf dem Gehsteig deponierte Gegenstände gibt und gab, die Fußgänger behindern, gehörte die Bank vorm Dackelmuseum mit Sicherheit am wenigsten dazu. Aber ich verstehe schon. Das ist natürlich aus Sicht eines Verwaltungsbeamten ein geradezu lächerliches Argument. Wenn irgendwann einmal eine nicht zu hinterfragende höhere Instanz beschlossen hat, dass genau diese Bank nicht genehmigungsfähig ist, dann ist das halt so.

Nachdem die Altstadtbewohner jetzt wenigstens nicht mehr durch diese Bank belästigt werden, sollen sie nun – wenn es nach den Vorstellungen von Verkehrsexperten Alois Ortner geht – noch weiter entlastet werden, verkehrsmäßig nämlich, und zwar durch eine Anliegerstraße. Heureka! Dass da bisher noch keiner draufgekommen ist. Anliegerstraße heißt: Jeder darf hineinfahren, der nicht bei einer etwaigen Kontrolle angibt, dass er nur grund- und sinnlos durchfahren wollte. Sollte er allerdings nur grund- und sinnlos durchfahren wollen, reicht es, zu behaupten, dass er zum Dom, zum Eisessen oder zum Dackelmuseum muss. Für weitere tausend Begründungen empfehle ich einen Blick auf Google Maps. Ein kleiner Tipp für auswärtige Wochenendbesucher mit Anliegen: Sparen Sie sich doch die Parkgebühren im Parkhaus und parken Sie gebührenfrei am Domplatz. Am Sonntag gibt es überdies die Aktion All-You-Can-Park. Kirchgängerbereich, absolutes Halteverbot, Feuerwehranfahrtszone – alles sanktionslos beparkbar.

Ich wünsche allen Anliegern einen schönen Sommer in der Passauer Altstadt.

 


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