Mittwoch, 15. Dezember 2010

Angetreten und angeschossen

Lieber Tölpel!

Eigentlich wollte ich was über den zu Guttenberg schreiben, aber das haben jetzt eh schon Alle getan. Ich finde es durchaus auch brutal, dass dieser Mann nicht nur die schleimigste Figur des deutschen Fernsehens, sondern auch noch seine profilneurotische und mediengeile Gattin, die sich in ihren Träumen schon als Frau Bundeskanzler sieht, nach Afghanistan mitnimmt. Man stelle sich das einmal vor. Nach den Wulffs im Bellevue vielleicht auch bald noch diese Heinz-Erhardt-Karikatur im Kanzleramt - samt seiner Minderjährigen-Zuhälterin. Das bombt uns rein vom Style her voll in die Fünfziger zurück. Dieser Gabriel von der SPD war ja ausnahmsweise mal ganz lustig und hat gesagt, es fehle auf der Afghanistan-Reise nur noch die Katzenberger. Leider ist Herr Gabriel auch keine Alternative - noch nicht mal zur Katzenberger.

Da lobe ich mir unsere Passauer Profi-Politiker, im speziellen Staatssekretär Dr. Andi. Der kümmert sich um das Unkraut am Passauer Bahnhof genauso engagiert wie um sein Lieblingsthema Geisterfahrer-Warntafeln. Eine solche wird er am nächsten Samstag stolz und feierlich enthüllen. Blöd ist nur, dass die Verkehrsexperten in Österreich, die diese Dinger schon einige Jahre haben, mehr oder weniger übereinstimmend von der Sinnlosigkeit dieser Tafeln überzeugt sind. Was solls? Sie tun ja auch keinem weh und billiger als z.B. eine Brücke als Denkmal sind sie allemal.

Nachdem Riesenstaatsmann Frankenberger ja jetzt eher in Bundespolitik macht, hat sich Urbi, der Mangold, gedacht, er geht gleich aufs internationale Parkett. Und so hat er dem Seehofer einen Brief geschrieben, in dem er fordert, Seehofer solle zum einen Temelin stilllegen und zum anderen den Tschechen klar machen, dass das so nicht geht mit ihrer liberalen Drogenpolitik. Bei den Tschechen ist nämlich jetzt Drogenbesitz in geringer Menge keine Straftat mehr, sondern nur noch eine Ordnungswidrigkeit. Und das, meint Urbi, hat bestimmt "Auswirkungen auf die grenznahen bayerischen Städte und Landkreise." Ganz bestimmt sogar. Man sollte diesen Tschechen überhaupt viel mehr Druck machen. Da stehen die drauf, wenn ihnen ein Übergangs-Ministerpräsident und ein Provinzpolitiker erklären, wie man Politik macht. Im Ernst: Abgesehen davon, dass man das Leben im tschechischen Grenzgebiet eh nur erträgt, wenn man säuft und/oder kifft, hat das neue tschechische Drogenstrafrecht für uns ganz bestimmt genauso wenig erwähnenswerte Auswirkungen wie für die Menschen im holländischen Grenzgebiet. Die wirklich gravierenden Probleme jenseits der tschechischen Grenze heißen im übrigen Kinder- und Zwangsprostitution. Das wäre mal ein Thema für ostbayerische Politiker.

Was aus den ganzen Lennox', Selinas, Leans und Luis Marques' wird, die uns letzte Woche wieder laut Standesamtlichen Nachrichten ins Passauer Land hinein geboren wurden, kann man übrigens schön im Landkreisteil der PNP vom letzten Samstag nachlesen. Die lassen sich gemeinsam mit ihrer Mutter Jacqueline (sic!) ein Nasenpiercing stechen und streiten dann flankiert von ebendieser gepiercten Mutter mit dem Realschulrektor darüber, ob das Piercing drin bleiben darf oder nicht. So hat jeder seine Probleme. Und was lernen wir daraus? Wir leben in einer Gesellschaft, die den Guttenberg und die tätowierte Präsidentengattin für cool hält und in der die Menschen vielleicht bald in Volksentscheiden darüber abstimmen werden, ob man sich in der Schule das Gesicht mit Blech tackern darf und ob die Katzenberger mit nach Afghanistan fliegen soll.

Hoffentlich erlebe ich das alles nicht mehr.

Deine Kathi

Liebe Kathi!

Hast Du mal wieder Deinen Moralischen? Mir ist das doch völlig wurscht, ob der Kerner mit an den Hindukusch (das sagt man so, gell?) fliegt oder nicht. Ich verstehe nur eins nicht. Diese depperten Afghanen sprengen doch immer so gerne alles in die Luft. Nur den Kerner lassen sie wieder heim fliegen. Diesem Land ist nicht zu helfen - das war der letzte Beweis.

Das mit den tschechischen Drogen sehe ich übrigens auch ganz anders als Du. Die ersten massiven Auswirkungen konnte man bereits vorvergangenen Samstag im Lokalteil der PNP ausmachen. Die Freien-Wähler-Stadträte haben dort eine Anzeige in schmutziggelb geschaltet, mit der eindringlichen Überschrift "NEIN zur Seilbahn - Es geht auch ohne Seilbahn". Jetzt mal ganz abgesehen vom Text der Restanzeige, ist allein diese Überschrift schon ziemlich dämlich und geht irgendwie voll an der intendierten Aussageabsicht vorbei. "Es geht auch ohne" heißt doch eigentlich "aber schöner wärs schon." Wolltet Ihr das wirklich sagen, Ihr pensionierten Deutschlehrer? Oder habt Ihr zuviel psychedelische Formulierhilfen aus der Tschechei eingepfiffen? Spätestens beim Lesen des Anzeigentextes drängt sich dieser Verdacht unvermeidbar auf. "Die Seilbahn (...) schneidet (...) in das Bild der Stadt - wo es am schönsten und 'am passauischsten' ist -, genau so brutal und verheerend ein wie der Schnitt eines Rasiermessers in die Wange einer schönen Frau." Unabhängig von Euren gruseligen Altmännerphantasien von Frauenwangen und Rasiermessern ist das schon eher ein bisschen Sturm und Drang, oder? Auch dieser Fettdruck, diese Unterstreichungen und Ausrufezeichen haben eher die Anmutung von querulatorischen Unruhestiftern. Formal, inhaltlich und themabezogen ist das auf jeden Fall eine klare fünf minus. Und noch was: Wie heißt eigentlich das Adjektiv zu Passau? Wirklich passauisch?




Zum Abschluss der Abschuss: Unter der Überschrift "Bayerwald-Bataillon 112 im Visier der Taliban" erfahren wir auf Seite 3 der letzten Samstags-PNP Folgendes über die 270 Soldaten aus Regen in Afghanistan. Die Bar im Feldlager heißt Lili nach Lili Marleen, die Soldaten trinken Weißbier und Pils und tragen T-Shirts mit der Aufschrift "Hallo Opa, ich war weiter im Osten als du". Zu diesem schweren Grad an Verblödung passen doch der Kerner und das neue Spind-Pin-up Stephanie wirklich perfekt. Interessieren würde mich an der ganzen Afghanistan-Geschichte jetzt noch zweierlei. Haben die Soldaten beim jüngsten Promi-Besuch T-Shirts mit der Aufschrift "Wir wollen die Möpse sehen!" getragen und gibt es einen rüstigen Opa, der sich von mir mit einem Shirt fotografieren lässt, auf dem steht: "Hallo Enkel, aber wir haben mehr erschossen." ?

Weggetreten

Dein Tölpel

15 Kommentare:

Es geht auch ohne ... Geschmack hat gesagt…

Das T-Shirt mit der Verhöhnung der stets sauberen Wehrmacht ("weiter im Osten") trifft mich so brutal und verheerend wie der Schnitt eines Rasiermessers in die Wange einer schönen Frau. Ich danke dem Präsidenten, dass er auf die Überlegenheit der Wehrmacht verwiesen hat. Und jawohl, wir haben damals nicht nur mehr erschossen, sondern auch mehr Mösen vergewaltigt, mehr Häuser niedergebrannt und mehr jüdische Mitbürger - ähm... Entschuldigung, ich gebe zu, dass bei der letzten Kategorie unsere Jungs in Afghanistan schlechte Karten haben.

Anonym hat gesagt…

Top-engagiert, der Dr. Andi: Schon als Abiturient hat er sich im Verhältnis zu unserem östlichen Nachbarn nicht mit Drogenbagatellen aufgehalten. Wenn ich die Abi-Zeitung richtig in Erinnerung habe, dann hat er sich für die "wirklich gravierenden Probleme" interessiert.

Anonym hat gesagt…

Wenn ich den Urbi richtig verstanden habe, wollte er ja bloß klarmachen, dass die CSU ehemals gegen Temelin wetterte, jetzt aber als Atomverlängerungspartei in Prag diesbezüglich unfähig zur glaubwürdigen Kritik ist.

"Svetlana oder Yasemin" ist genial!

Anonym hat gesagt…

Kleines Rätsel zwischendurch (und ich hab mit dem Thema nicht angefangen): Wieviele Prostituierte werden in der aktuellen Kolumne genannt?

Wie jetzt? hat gesagt…

Hab ich das richtig verstanden? Die Stephanie zu Guttenberg ist tätowiert?

Mahnender Gorbi hat gesagt…

@ Wie jetzt?

Nein, die Frau Wulff.

Für alle, die sich darüber beschweren, dass der Präsident nicht immer pünktlich liefert, lohnt sich ein Blick in die Tages(?!?)-Zeitung. Die chronischen Verspätungen im Landkreisteil sind seit jeher sensationell. Heute findet sich z.B. dort (neben einem fast seitenfüllenden Artikel über ein rituelles Massenbesäufnis samt Schnupftabakmaschine der Feuerwehren Thalberg und Meßnerschlag) ein Bericht über ein Kindertheater, das am Freitag stattfand. Nicht viel besser die Stadtredaktion. Dort liest man heute über das Sternschnuppen-Konzert vom Sonntag nachmittag.

Liebe PNPler! Mal nüchtern überlegt: Wer nicht dort war, für den ist es uninteressant. Wer aber dort war und vier Ausgaben zu spät den Artikel sieht, der verliert doch jede Achtung vor euch.

Wolf Schneider hat gesagt…

Also rein Bloggerehrentechnisch hätte sich bei diesem Beitrag schon ein "Mit Dank an Gepiercte Lili mit Cinderella in Dreifachturnhalle" gehört und ein Verweis auf den Kommentar vom 12. Dezember 2010 09:46, Nummer 22 in https://www.blogger.com/comment.g?blogID=4190800460422148492&postID=1764072510007782598&isPopup=true

wahlinfo-passau hat gesagt…

Wird hiermit nachgeholt. Allerdings hatte ich mir die Artikel tatsächlich schon auch selbst angestrichen.

Frühlingsfest der Volksmusik hat gesagt…

Vielleicht sollte man noch die übersinnlichen Fähigkeiten der PNP-Redakteure erwähnen. Gestern früh schrieben sie nach der Silbereisen-Randale im Hotel König noch, dass der Publikumsliebling und sein Management für eine Stellungnahme nicht erreichbar waren. Inzwischen heißt es, dass sich Silbereisen inzwischen über sein Management bei der PNP entschuldigt. Ein paar Zeilen weiter heißt es dann wieder, dass Silbereisen und sein Management auf PNP-Anfrage nicht erreichbar waren. Rätsel über Rätsel...

Niko Klaus hat gesagt…

Kaum wirds auf Wahlinfo angeprangert, schon wird es auf PNP.de korrigiert. Das ist doch mal eine lobende Erwähnung wert.

Anonym hat gesagt…

Ja mei vielleicht sollten der Dr.Andi, der Notfallnichtraucher, der Sauftäter Silbereisen und der Mannichl, bei dem is ja a no was offen,oder?, das nächstemal mit dem Kerner zu den depperten Afgahnen fliegen. Andi kümmert sich ums Unkraut u. Autobahnauffahrten, Fränki macht auf Staatsmann und stoppt das Rauchen bei den Taliban, Mannichl wird Wolfsklingenbeauftragter und der lustige Almdudler Flori wird die kuturelle Komponente.....Wetten Das die hier keinem Menschen fehlen würden?

Anonym hat gesagt…

Aber Franky ist doch schon so gut wie weg.

Übrigens: Wer den Historiendarsteller Sebastian F. als Steinzeitmensch mit Fellkluft beim Feuermachen (!) sehen will, sollte sich den Film "Passau - Die Geschichte einer Stadt" (2003, MaMaTon-Filmgruppe) besorgen.

Anonym hat gesagt…

Die könnten auch gleich noch den Pontifex Maximus Dr. W mitnehmen - der offenbar mittlerweile ins manische abdriftet ("Waschler: Donaubrücke muss wieder auf die Tagesordnung") und sich noch schnell elegant die Uni-Umfrage zupass lügt: Für die Seilbahn muss man ganz doll planen, um die Mehrheit der Gegner umzustimmen, und für Brücke und Tangente muss man ganz doll planen, weil es ja angeblich eine Mehrheit von Befürwortern gibt.

Selbstbild vs. Fremdbild hat gesagt…

Die Umfrage habe gezeigt, "welche politische Gruppierung im Stadtrat seit Jahren das Ohr wirklich näher am Menschen hat", erklärt Dr. W. Ach so, seltsam, dass diese Genies nur 12 von 44 Stadträten stellen dürfen. Und ehrlich, lieber Herr Dr.: Angesichts der "Qualitäten" wird's beim nächsten Mal nicht mehr werden. Vom OB-Sessel brauchen wir gar nicht zu reden.

Anonym hat gesagt…

Hubsi - Flori 1 : 1