Dienstag, 11. Mai 2010

Abgeschrieben und aufgeblendet

Lieber Tölpel!

Schon gesehen? Die PNP hat einen neuen Service. Sie unterteilt bei den Standesamtlichen Nachrichten die Geburten in zwei Rubriken. Zuerst kommt die Rubrik "Alberne, peinliche Namen", in der sich dann Vollausrutscher wie Liam Lucas, Jannick oder Leandra Alina finden und dann kommt noch mal, nach den Eheschließungen, eine zweite Rubrik Geburten, wo man ganz normale Namen auffindet. Kann man so ein ähnliches Prinzip nicht auf den ganzen Lokalteil anwenden? Also zuerst die aktuellen Ideen von Waschler, Frankenberger und Dickl, flankiert durch ein paar Kommentare der aktuellen PNP-Billig-Praktikanten, pardon Institutsstipendiaten und anschließend kommt dann der richtige Lokalteil. Ach, da bleibt dann nicht mehr viel - thematisch? Stimmt auch wieder.




Am liebsten lese ich ja eh die Sonderveröffentlichungen in der PNP. Am allerallerliebsten natürlich die von Lady Semmelmayr. Aber auch die jüngste vom letzten Wochenende "15 Jahre Medienzentrum Passau" war sehr informativ. Da erfährt man z.B., dass die Kanzlei Noerr trotz ganz guter Beziehungen zur Verlagsleitung für eine Eckfeldanzeige trotzdem nur die schlechtere linke statt der besseren rechten Seite bekommt. Man erfährt auch, dass der Passauer Oberbürgermeister die PNP liest, Brunhilde Auracher aus Pfarrkirchen (70) nur die Seite mit den Schauspielern und den Rest eher weniger und einer Sängerin aus Tiefenbach namens Barbara Clear (46) "... die Kommentare von Ernst Fuchs ... imponieren. Er rückt damit das zurecht, was von den Blendern auf dem Medienklavier gespielt wird." Hierzu sei eine Frage erlaubt. Ist man, wenn man Sänger/in ist und aus Tiefenbach kommt, automatisch bescheuert oder hat den Satz mit dem Medienklavier der Fuchs persönlich diktiert?

Auch die AmSonntag habe ich mal wieder "gelesen" vorgestern. War auch ziemlich interessant. Man erfuhr, dass dem Frankenberger das neue Klo an der Dompost nicht gefällt, Björn Andresen keine Lust hat, nochmal ins Gefängnis zu gehen und unter den hübschen Mädels die mit der Krone die Braut ist. Warum ich das schreibe? Keine Ahnung - aber irgendwie muss ich den Platz hier ja voll kriegen und dafür eignen sich solche Themen dann doch ganz gut. Hast Du richtige Themen?, fragt achselzuckend

Deine Kathi

Liebe Kathi!

Natürlich nicht. Es passiert ja auch nichts. Ich durchforste mittlerweile alle (!) Seiten der PNP (naja, manchmal) um überhaupt noch irgendetwas Verwertbares zu finden. Auf der gestrigen "Freizeit"-Seite habe ich z.B. entdeckt, dass unsere Heimatzeitung die Biermösl Blosn unter "Comedy-Konzert" aufhängt. Man kann sowas natürlich auch als Unachtsamkeit oder Schlampigkeit abtun, aber sehen möcht ich es schon gerne, was passiert, wenn man die von-Freibier-Festspiele als Musikantenstadl bezeichnen würde. Oder Anna Rosmus als Reiseveranstalterin. Oder Gerhard Waschler als arbeitssuchenden Direktor. Oder die Charity-Lady als Selbstbeschäftigungs-Therapeutin. Das gäb wieder ein Geschrei.

Die Einwohnerzahl in Passau bleibt übrigens stabil und fällt nicht unter die 50.000er-Marke, hat uns Redakteur Seider letzte Woche mitgeteilt. Na, das glaub ich. Wenn das Standesamt nur noch Geburten und keine Sterbefälle mehr veröffentlicht, dann ist das für die Statistik natürlich super und der Stadtrat hat demnächst 50 Mitglieder und unser Oberjürgen kriegt bald die B8-Besoldung. Letzterem würden wir das natürlich uneingeschränkt gönnen und auch das Personal für den Stadtrat dürfte ausreichen. Immerhin sind ca. ein bis zwei Prozent der Bevölkerung Zwangsneurotiker, zwei bis drei Prozent Histrioniker und jeder hundertste ist Borderliner. Das sind mehr als genug. Da bleiben immer noch genug für den Schuldienst übrig. Ha ha, kleiner Scherz.

Ich finde, wir müssen es nicht wie die zahlreichen Zeitungen unserer 50.000-Einwohner-Stadt machen. Wenn nichts passiert, müssen wir auch nichts kommentieren. Das unterscheidet unser Schicksal von dem der VGP-Redakteure. Die schreiben dann, wem unsere Staatssekretäre in Berlin den Schirm hinhalten oder was der Stadtarchivar in seiner Freizeit so treibt. Da mach ich lieber Schluss.

Euer Tölpel

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Unglaublich gut! Das einzige, was in dieser lustigen Kolumne fehlt, ist ein Hinweis auf die Bischofsapologetik des sog. "Tölpels" in der PNP.

Lieber sog. Tölpel aus der PNP,

schon die Seite 3 war peinlich tendenziell, da hätte man nicht noch eins draufpacken müssen. Vor allem verschätzt ihr euch mit der Stimmung völlig. Selbst kirchentreue, völlig unverdächtige Musterchristen haben die Faust in der Tasche. Vielleicht ist der Herr Schraml wirklich nett - ich weiß es ja nicht. Aber diesmal war sein Handeln unklug. Das hätte man schon schreiben können (Klassiker-Formulierung: "war nicht gut beraten").

Anonym hat gesagt…

Dann hör doch auf mit der penetranten "Das-Schreiben-Die-Anderen"-Sekundär-Rohstoff-Erfassung und lass Dir endlich mal selber was einfallen. Oder dürfen Reklameleut heute grundsätzlich nicht mehr kreativ sein?

Anonym hat gesagt…

Ich fand die bewährte Rollenverteilung (die anderen werkeln, wir kotzen uns darüber aus) mit den vom Präsidenten bewusst gesetzten Ausnahmen (die so selten auch nicht waren und sind) nicht schlecht.
Man möge die inszenierte, vermeintliche Themenlosigkeit der aktuellen Kolumne nicht überschätzen.

Anonym hat gesagt…

oh, da ist aber jemand beleidigt ...

Wer für "journalistische" Tätigkeiten bezahlt wird, sollte die auch leisten können.

Wer schlechten und dazu höchst parteiischen Monopolpresse-"Journalismus" in einer vielbeachteten, Freizeit raubenden Kolummne satirisch beleuchtet, tut ein gutes, gesellschaftlich wichtiges Werk.

Weil man sich auf die kritische Kontrollfunktion der Medien ja nicht mehr verlassen kann ... Und obwohl das hier nicht viel mit Reklame zu tun hat, finde ich Vieles sehr kreativ.

Anonym hat gesagt…

Ist dieser sog. "Präsident" überhaupt in irgendeiner Form demokratisch legitimiert?

Anonym hat gesagt…

Gute Frage nach der demokratischen Legitimation! Wie ich gehört habe, gehen die örtlichen Medien beispielhaft voran: Am nächsten Sonntag wird der neue AS-Chef gewählt (wählen darf jeder, der mindestens 1,5 Promille hat oder einen Ausschnitt bis zum Bauchnabel), in der Woche drauf dann der Brandl-Nachfolger (wählen darf jeder, der nachweislich einen IQ unter 80 hat) und so weiter...

Jetzt im Ernst:

1. Wenn der Präsident eigene Themen setzt (und das geschieht), dann ist es manchmal dada (nicht gaga), vor allem aber meist gut. Ein bisschen zu viel Sendungsbewusstsein schadet da nicht.

2. Wenn sich der Präsident mit Ergüssen der örtlichen Medien beschäftigt, dann ist das meist viel intelligenter als die Medien selbst. Es unterhält. Und tut weh. Deshalb ist es gut.

Wenn sich der Präsident vornehmlich mit der PNP auseinandersetzt, dann hat das mit deren Konzept zu tun. Die PNP ist nämlich das einzige Medium, das alles bringen will (von der Feuerwehrversammlung über die standesamtlichen Nachrichten bis hin zur großen Stadtentwicklung). Und weil sie diesen Anspruch (natürlich mit Abstrichen und manchmal zweifelhaften Gewichtungen) im Großen und Ganzen erfüllt, ist sie auch oft fällig. Und jetzt kommt fast ein Lob: Wer viel macht, macht eben auch viel Mist.

Die Wochenschreiberlinge von AS und Pawo haben vergleichsweise pro Nase einen Zeilenoutput von einem Zehntel pro Woche. Vergleicht man deren hauptberufliche Leistung (Qualität und Quantität) mit der des ja nicht-hauptberuflichen Nicht-Journalisten Präsident, dann bleibt für die Wochenschreiberlinge eigentlich nur noch der Strick.

Fazit: Präsident = Top-Qualität und beachtliche Quantität; PNP = beachtliche Quantität und...; Wochenpresse = armselige Qualität und Quantität

Anonym hat gesagt…

Windiger Claqueur - was zahlt er Dir?

Anonym hat gesagt…

Übrigens: Warum gibt es eigentlich kein "links oben" mehr?

Anonym hat gesagt…

Hübsch aufbereitete Belanglosigkeiten sind nicht nur in der PNP zu bewundern. Wer ist am verregneten "Männtertag" zu Hause geblieben und hat TRP1 gesehen? Dort gab es wieder einmal den Bericht über die unglaublichste Pioniertat, die die Menschheit in diesem neuen Jahrtausend vollbracht hat. Die Erstbefahrung des Großglockners durch die Amici dell' Ape (Ape=Dreirad-Vespa), eines Männerbundes, der Russel Crowe mit seinen Gladiatoren als blasse Würstchen dastehen läßt. Wie die tollkühnen Männer in ihren ratternden Kisten sich den Unbillen der Natur widersetzten, ohne Rücksicht auf Mensch und Maschine, war sensationell. Da kann man sich oben schon einmal weinend in die Arme fallen und muß sich nicht dafür schämen. Wer von uns das nicht schluchzend als größtes Ereignis seines bisherigen Lebens bezeichnen würde, der werfe den ersten Stein......