Zum Tode Max Stadlers
Ich muss gestehen, ich war sehr lange sehr skeptisch, was den Politiker Max Stadler betraf. Er war mir nie unsympathisch, aber zum einen
hege ich eine gewisse Grundskepsis Berufspolitikern gegenüber, zum anderen entsprach diese Juristen-Donaldisten-Schachspieler-Jeden-Tag-eine-gute-Tat-Persönlichkeit genau dem Bild des in Berlin herumwurstelnden Politikers, das ich mir über Jahre so zurecht gelegt hatte.
Als ich Max Stadler – den ich bis dato nur flüchtig kannte – irgendwann vor einigen Jahren zufällig traf und er mir offenbarte, was er doch für ein begeisterter Leser von Wahlinfo-Passau sei, fühlte ich mich einerseits geschmeichelt, andererseits blieb die Skepsis, dass er mich nur bremsen, wenn nicht vereinnahmen wollte. Ich dachte, er wolle mich gnädig stimmen, um mich in meinen Kommentaren seiner Person und seiner Partei gegenüber zu besänftigen.
Ich habe mich ein bisschen getäuscht.
Heute weiß ich, dass Max Stadler natürlich der große Pragmatiker, gerissene Taktierer und geniale Diplomat war, als den ihn viele Eingeweihte auch gesehen haben. Aber er war ein Diplomat im positivsten Sinne. Er mochte meine teilweise grenzwertigen Satire-Spinnereien, aber er mochte auch seine Heimatzeitung, der er fast täglich Futter lieferte. Dies war für ihn kein Gegensatz. Er wusste, dass viele Menschen gerne die Abenteuergeschichten des Staatssekretärs aus Schalding, Berlin, Brüssel und Budapest lesen und freute sich gleichwohl, dass ein Internet-Blog wie Wahlinfo-Passau solcherlei gerne ins Lächerliche zieht.
Er war diesbezüglich erhaben. Und in seiner ganzen ehrlichen (!) Bescheidenheit war er doch so souverän, dass er tatsächlich Meinungen von
ganz links bis ganz rechts, von Nord, Süd, Ost und West, von klug bis saublöd, freundlich analysierte, kommentierte und gerne auch einmal ohne
jegliche Überheblichkeit, Aggressivität (war ihm ganz fremd) und Zeigefinger weise in Einklang brachte oder auch ad absurdum führte.
Dann habe ich ihn noch in Berlin erlebt. Er hat mir SEIN Ministerium, SEINEN Bundestag und SEINE Plenumssitzung gezeigt, wo er auf der Regierungsbank saß. Er war sehr stolz, auf das, was er tat. Aber es war ein höchst sympathischer Stolz. Er mochte das, was er tat. Er war kein Selbstdarsteller, er war ein überzeugter Diener der Res Publica. Er hat bis spät in die Nacht gearbeitet und er kannte keinen Stress. Er liebte diesen Job.
Noch eine Anekdote zum Schluss. Am interessantesten wird es immer nach Mitternacht.
Ich war ein paar Mal bei ihm in Berlin. Veranstaltung, Party, lustiges Beisammensein. Linke, Grüne, Journalisten, die natürlichen Feinde der FDP – und alle versöhnlich bis freundschaftlich. Max Stadler war ein integratives Genie. Oder wie es, am allerschönsten, die Süddeutsche schreibt: ein feiner Mensch.
Karl-Heinz Hasenöhrl