Gestern Abend bin ich ins Kino gegangen und habe mir den neuen Lars von Trier-Film angeschaut. Eigentlich war ich ja ziemlich skeptisch, weil Filme, die von nahezu allen Feuilletonisten-Kasperln hochgeschrieben werden, meistens ein Riesen-Scheißdreck sind. Aber irgendwie habe ich gehofft, dass mich Melancholia von meinem letzten von Trier-Trauma Antichrist therapiert und so bin ich halt doch rein. Der Film war dann sensationell gut und hat mich spontan von meinen Depressionen geheilt. Man muss sich nur immer vorstellen, dass bald der böse Planet kommt und alles wird leichter.
Mit der Kunst ist es ja so eine Sache. Auf den großen Festivals und Metropolen-Bühnen musst Du einfach am besten irgendwas mit Sex und Gewalt aufführen - idealerweise in Verbindung mit irgendwelchen Freaks, Tieren oder Hitler und schon bist Du ein Künstler. Für einen Kulturpreis in der Provinz reicht es schon, wenn Du mal Landrat warst oder schön malen, basteln oder schweißen kannst. Geeignete Sujets wären Gott, Glaube, Frömmigkeit oder Heimat- und Volkstümelei - dafür finden sich bei uns auch die meisten Laudatoren. Oder Du siehst aus wie ein geisteskranker Nacktmull und singst "Der Bumsti". Obwohl - dann bist Du für den Kulturpreis schon überqualifiziert.
Vielleicht ist es aber auch ein Zeichen für einen Paradigmenwechsel in der Passauer Hochkultur, wenn sogar die weltberühmte Veranstaltungsreihe "Menschen in Europa", die normalerweise mit Veranstaltungen glänzt wie "Sind Steinigungen noch zeitgemäß? Es diskutieren Ihre Heiligkeiten Joseph Ratzinger, Dalai Lama und Pierre Vogel", einen Volksmusiktag im Programm hat, an dem sich Tiefflieger wie Carolin Reiber und Hansi Hinterseer gegenseitig Preise verleihen?
Insofern verheißt es auch nichts Gutes, dass der künftige Intendant der Europäischen Wochen, der - nebenbei erwähnt - mit seiner aktuellen Gärtnerplatztheaterinszenierung ziemlich bescheidene Kritiken einheimst, als Motto für die Festspiele 2012 "Servus, Grüezi und Hallo"(oder so ähnlich) gewählt hat. Kann man bei dieser ganzen leichten Muse nicht noch ein wenig Splatter- und/oder Aktionskunst mit einplanen? Lasst doch die Einführungsveranstaltung von Lars von Trier inszenieren. Und der soll dann die Wildecker Herzbuben aus 1000 Metern Höhe über dem Klostergarten abwerfen. Dann wäre auch das Fundament fürs Konzerthaus oder Museum schon fertig.
Was haben wir früher nicht alles an Neid und Häme über Passaus Mutter Theresa ausgegossen? Aber was sich die Stadt Passau ihrer Tschärity-Lady gegenüber heraus nimmt, verschlägt sogar mir den Atem. Da arbeitet jemand jahrelang Tag und Nacht darauf hin, wenigstens einmal im Jahr auf großer Bühne seine Profilneurose auszuleben, sammelt dabei mehr Spendengelder ein als mancher Kindergartenförderverein auf seiner Weihnachtsfeier und was ist der Dank dafür? Die Stadt Passau verlangt Miete für den Rathaussaal. Spinnt Ihr? Dann bleibt ja gar nichts mehr übrig und das diesjährige Motto "Verschieben wir Nächstenliebe nicht auf nächstes Weihnachten" bleibt schon wieder ein frommer Wunsch.
Fällt Dir auch was zu Kultur und Tschärity ein?
Deine Kathi
Liebe Kathi!
Willst Du jetzt den neuen Passauer Kulturblog betreiben, nachdem der andere anscheinend wieder passé ist? Hallo, Herr Neu-Blogger-Kollege, wars das schon?
Über den alten, neuen Frühstücksdirektor Gevatter sollte ich eigentlich gar nichts mehr schreiben, sonst schickt er mir wieder eine strafbewehrte Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung. Ob er sich seine Münchner Kanzlei noch leisten kann, steht allerdings in den Sternen, weil so ein windiges A 16-Gehalt ist zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel. "Die künftige Verwendung" von Gevatter "stehe noch nicht fest und solle demnächst in Stadtratsgremien erörtert werden." (Zillinger) In Gremien? Gleich in mehreren? Da kann ja nur was ganz Großes rauskommen. Berufsmäßiger Stadtrat vielleicht? Dann klappts auch mit B 2.
Noch ein Kuriosum: Die US-Altenpflegerin Anna Rosmus hat angeregt, dem amerikanischen Generalmajor Stanley Eric Reinhart in Passau ein Denkmal aufzustellen, weil er die Stadt in den letzten Kriegstagen nicht zerstören ließ. Gute Idee! Und in die Altstadt stellen wir ein Ehrenmal "Dem unbekannten Zecher" - all dem Partyvolk gewidmet, das nachts friedlich nach Hause geht und nicht alles kurz und klein schlägt.
Die SPD will dem Vernehmen nach ihre ohnehin nicht mehr haltbare Position aufgeben und den Widerspruch gegen die Live-Stream-Übertragungen zumindest fürs Plenum zurückziehen. Dafür soll aus den Ausschüssen gar nicht mehr gesendet werden. Das ist natürlich noch nicht einmal ein Mini-Kompromiss, sondern lediglich ein Ablenkungsmanöver, um irgendwie wieder heil aus der peinlichen Angelegenheit rauszukommen. So gehts halt aber leider auch nicht. Entweder man kann da zuschauen, wo Stadtratspolitik wirklich gemacht wird oder man lässt es gleich bleiben.
Plenum live mag ja ganz witzig sein, aber Operette haben wir in Passau schon genug.
Hurz!
Dein Tölpel
8 Kommentare:
Großartig! Oder wie der Präsi sagt: Endgeil. Aber wenn er nur noch EINmal das unsägliche, unerträgliche Marketing-Unwortsungetüm "Paradigmenwechsel" in seinen Kolumnen verwendet, schicke ich ihm zur Hochkulturspublikumserbauung einen echten Aufknüpf- und Abwurfsperformer (den mit der Kuh, den woanders tatsächlich keiner mehr sehen will)
Immer klasse, wenn der echte und einzige Tölpel (und natürlich auch seine Base) den Passauer "Prommis" aufs Maul haut, äh, schaut.
SPD lässt sich aus Plenum übertragen − aber ohne Ton
siehe PNP-Artikel
Es wird nur noch in S/W übertragen und Multitalent Richard Sch. spielt auf dem Pianola ala Metropolis dazu.
Der morizz ist ein technisches Genie!
Ich war beim Volksmusiktag in Tittling. Mir hat es gefallen. Nicht das aufgeblasene Hinterseer-Reiber-Diekmann-Treiben in der Halle, sondern die echte Musik-Freude draußen im Dorf. Enttäuscht bin ich über die PNP, die ihre eigene Veranstaltung völlig verzerrt wiedergibt. Die Berichterstattung wird von diesen abgeschmackten Volkstümelei-Promis samt der sich auf jedes Bild drängenden Regional-Politiker-Nasen dominiert. Eine Verhöhnung derjenigen, die mit ihrem Können den Tag schön machten.
Enttäuscht war ich auch von der überregionalen Berichterstattung. Ich freute mich sehr, als ich hörte, der SPIEGEL würde berichten. Aber leider ein mauer Text statt erhoffter Verleger-Dresche. Und den Dr. Dr. Verleger unter dem Hitler-Gruß-Arm von Hinterseer abzubilden - wie vom Spiegel getan - ist mir zu platt.
Kann mir jemand den Seitenhieb auf den Kulturblog erklären? Habe da nichts mitgekriegt.
Die Wildecker Herzbuben über dem Klostergarten abwerfen... Sehr schönes Bild!
Großes Kino, werter Präsident!
Ad multos annos!
..............ja aber unerlaubtes Abwerfen von Gegenständen ist eine Straftat, wissts eh, dann wieder jahrelang 60köpfige Sonderkommission ohne Ergebnisse,
so wie beim Fürstenzeller Wolfsklingenspezialisten (am 13Dezember wärs wieder so weit, ja koa Messer draussn liegn lassen), da ist die Tschäriti-Tussi doch noch amüsanter. Am besten mit Weinderl-Gevatterl als Beleuchter und Rassismus-Wenninger als Mikrophonständer. Das wäre Aktionkunst, Operette und Tschäriti in Einem.
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