Zum heutigen PNP-Interview des Erz-Fundamentalisten Karl Birkenseer mit dem Folterbefürworter Kardinal Müller hier ein interessanter Artikel aus dem Jahr 2016.
regensburg-digital.de
Der Haus- und Hofschreiber
des Georg Ratzinger
Domspatzen: „Der Rest
einer jahrzehntealten Vertuschungskultur"
Georg Ratzinger will weder etwas von der exzessiven
Gewalt noch von Missbrauch bei den Domspatzen gewusst haben. Das behauptet der
frühere Domkapellmeister in einem Interview mit PNP-Redakteur Karl Birkenseer –
einem Mann, der seine schwindelerregenden Bezüge zu den Domspatzen nicht
offenlegt und seine Position als Journalist dazu nutzt, um nur ja nichts auf
die Domspatzen-Familie kommen zu lassen. Betroffene sind empört. Sie bezeichnen
Birkenseer als Ratzingers „Haus- und Hofschreiber“ und „Rest einer jahrzehntealten
Vertuschungskultur“.
Mit vereinten Kräften für die
„Domspatzen-Familie“: Karl Birkenseer und Georg Ratzinger. Fotos: as/
Staudinger
Von Robert Werner
und Stefan Aigner
„Dann schleifte er (Johann Meier, Anm.
d. Red.) mich an den Haaren zu seinem Esstisch zurück und hob mich an den
Haaren hoch, dass ich über dem Boden schwebte. Anschließend schlug er mich wie
besessen, wo immer er mich treffen konnte, bis er nach wohl einem Dutzend
Schlägen erschöpft aufhörte. Im großen Speisesaal war es totenstill. Ratzinger
saß daneben und das Bild hat sich in mein Gehirn eingegraben wie schlecht
verheilte Narben in einem jugendlichen Körper. Er lachte. Er hätte die
Autorität gehabt, seinem Kollegen Einhalt zu gebieten. Es war mindestens
Feigheit, wohl eher bewusstes kumpelhaftes Einvernehmen. Jetzt zu behaupten in
der einzigen Filiale der Domspatzen seinen über zwei, drei Jahrzehnte Dinge
geschehen, die ihm „nicht bekannt“ waren ist eine Verhöhnung der damaligen
Schüler und Opfer. Da wird die Bitte um Verzeihung zur berechnenden Phrase.“
Diese Schilderung eines Gewaltbetroffenen an der
Domspatzen-Vorschule in Etterzhausen aus dem Jahr 2010 hat intern-at, eine
Initiative ehemaliger Domspatzen, heute auf ihre Internetseite gestellt. Anlass
ist ein Interview in der Passauer Neuen Presse, in
dem der frühere Domkapellmeister Georg Ratzinger bestreitet, konkrete
Kenntnisse von den Gewalt- und Missbrauchsexzessen bei den Regensburger
Domspatzen gehabt zu haben.
Lügen oder Senilität?
Mal behauptet der 91jährige, nichts gewusst zu haben, mal beruft er sich
auf Erinnerungslücken, mal erklärt er sich für nicht zuständig und schließlich
flüchtet er sich in die altbekannte Aussage, dass „Schläge, das heißt
Ohrfeigen, (…) nicht nur bei den Domspatzen, sondern in allen
Erziehungsbereichen wie auch in den Familien üblich“ gewesen seien.
Mit diesen Ausflüchten reagiert Ratzinger auf den Zwischenbericht des Rechtsanwalts Ulrich Weber,
in dem unter anderem davon die Rede ist, dass bis zu 700 Kinder und Jugendliche
bei den Domspatzen Opfer körperlicher Misshandlungen geworden sind. Bislang
liegen Weber zudem über 60 Fälle sexueller Gewalt vor. Er müsse davon ausgehen,
dass Georg Ratzinger als Domkapellmeister und Mitglied im Stiftungsvorstand der
Domspatzen und Kuratoriumsmitglied in der Etterzhausener Stiftung davon gewusst
habe, so Weber.
Geführt hat dieses Interview, in dem manche notwendige Frage ausgespart
wird, der Journalist Karl Birkenseer, ein Mann mit
mannigfachen Bezügen zu den Domspatzen. Einer, der es besser wissen
muss.
Birkenseer verschweigt seine Abhängigkeiten und
Positionen
Birkenseer war Internatsschüler unter dem Exzess-Täter Johann Maier in Etterzhausen,
Dom-Schüler unter Ratzinger in Regensburg (Abitur 1975) und ist seit rund
zwanzig Jahren in der Vorstandschaft der Freunde des Regensburger
Domchors. Fast genauso lange ist Birkenseer Kuratoriums-Mitglied bzw. Rat in
der Stiftung der Regensburger Domspatzen. Dieser durchaus relevante
Umstand wird bei dem besagten Interview in der Passauer Neuen Presse mit keiner
Silbe erwähnt.
Ratzinger darf denn auch unwidersprochen seine Falschbehauptung
wiederholen, derzufolge er keinerlei Einfluss auf die Domspatzen-Vorschule
gehabt hätte. Birkenseer, der es besser wissen müsste, konfrontiert Ratzinger
auch nicht mit der Würdigung, die er dem sadistischen Gewalttäter Johann Meier
1998 in einer Festschrift angedeihen ließ:
„Hier ist wohl auch der Ort, ein Wort
der Würdigung und des Dankes für den Gründungsdirektor der Vorschule Hans Meier
anzuführen. Seit 1953 leitete er unter schwierigsten Umständen in einer
finanziell und personell angespannten Situation die Institution und war beinahe
rund um die Uhr im Einsatz. Er trug auch die Hauptlast bei der Schaffung des
neuen Heims und der Übersiedlung dorthin. Nach beinahe 40 Jahren selbstloser
Tätigkeit, da seine Gesundheit stark angeschlagen war, zog er sich in den
Ruhestand zurück, zudem er spürte, daß sein Erziehungsstil in der modernen Zeit
nicht mehr verstanden wurde. Am 13. Juli 1992 rief ihn der Herr über Leben und
Tod nach schwerer Krankheit, aber doch unerwartet in die Ewigkeit. RIP.“
Welcher Erziehungsstil war es, der „in der modernen Zeit nicht mehr
verstanden“ wurde? Was hat Georg Ratzinger, der doch von nichts
Ungewöhnlichem gewusst haben will, da wohl gemeint? Für Karl Birkenseer
kein Grund zu irgendeiner Nachfrage, geschweige denn, dass er Ratzingers
Würdigung von Meier angesprochen hätte.
Von Domspatz zu Domspatz
Das aktuelle Gespräch in der PNP liest sich wie die aktualisierte
Blaupause eines Interviews, das Birkenseer bereits 2010 mit Ratzinger führte,
als die Missbrauchsfälle bei den Domspatzen erstmals eine breite Öffentlichkeit
erreichten. Auch damals bot er dem „Papst-Bruder“ ein unkritisches Podium, um
sich selbst von jedweder Verantwortung freizusprechen und das Ausmaß der
strukturellen Gewalt herunterzuspielen. Auch damals verschwieg er seine
persönlichen Verquickungen. Während Ratzinger 2010 noch erklärte, nicht einmal
gerüchteweise von sexuellem Missbrauch gehört zu haben, räumt er dieses Mal
einen Fall aus den 50ern ein, der gerichtlich abgeurteilt wurde. Ein
Widerspruch, der Stichwortgeber Birkenseer nicht interessiert, der für ihn kein
Grund zur Nachfrage ist.
Es ist davon auszugehen, dass Rechtsanwalt Ulrich Weber auch mit Georg
Ratzinger gesprochen hat. Warum er seine mannigfachen Ausflüchte nicht ihm
gegenüber, sondern im Interview mit Birkenseer getätigt hat, ist angesichts
dessen unkritischen und willfährigen Vorgehens kaum verwunderlich.
„Das letzte Halali“?
„Ist das Interview der Einstieg in ein
Ausstiegsszenario in Sachen ‚Aufklärung‘? Immerhin ist der ‚Journalist‘ Karl
Birkenseer gleichzeitig im Stiftungsrat wie auch im Vereinsvorstand
installiert. Vor dem Hintergrund dieses Gefälligkeitsinterviews durch einen
Domspatzenfunktionär klingen die Entschuldigungen und Aufklärungsbekundungen
der letzten Monate nur noch wie leere Versprechungen. Oder ist das Duo Georg
Ratzinger/ Karl Birkenseer tatsächlich nur noch ein zurückgebliebener Rest
einer jahrzehntealten Vertuschungskultur in den Institutionen der Regensburger
Domspatzen, die mit einem letzten Halali noch einmal die ‚Getreuen‘ um sich scharen
wollen?“
Die Initiative hat angekündigt, weitere Betroffene anzuschreiben, mit
der Bitte, ihre Erfahrungsberichte veröffentlichen zu dürfen, um die
Behauptungen Ratzingers Lügen strafen zu können. Ein Betroffener (Name der
Redaktion bekannt) hat sich kürzlich auch regensburg-digital gewandt.
Er schreibt:
„Ich selbst habe 1971 Ratzinger dreimal
auf die Gewaltexzesse bei den Domspatzen in Etterzhausen sowie auf mindestens
einen (von zwölf) sexuellen Übergriffen des Direktors Monsignore Johann Meier
aufmerksam gemacht. Ratzinger floh jedesmal vor meinen Berichten in seine
Gemächer und schloss die Türe hinter sich. Ich war damals ungefähr zehn Jahre
alt. Wäre er damals nicht geflohen, ich hätte ihm das ganze Ausmaß schildern
können.“
Lebenslügen bei Ratzinger und Birkenseer
Hoffnung, dass der 91jährige noch zur Einsicht kommen könnte, hegt
dieser Betroffene nicht:
„Domkapellmeister a.D. Georg Ratzinger, Bruder des Papst Emeritus, wird
zu keiner ernst zunehmenden Reue oder gar eines Eingeständnisses von Schuld
mehr fähig sein. Zu viele Unstimmigkeiten säumen seinen Lebensweg. Die
Aufarbeitung einer solchen Lebenslüge schafft man mit 91 Jahren nicht mehr.“
Der wesentlich jüngere Karl Birkenseer zeigt allerdings ähnliche
Verhaltensmuster. Seine mannigfachen Bezüge zu und Einblicke bei den Domspatzen
hat er bislang nicht genutzt, um journalistisch zur Aufklärung aller Vorwürfe
beizutragen. Stattdessen gefällt er sich weiter in der Rolle eines Ehemaligen,
der seine einflussreiche Funktion als Kirchenjournalist nutzt, um sich als
PR-Profi schützend vor die „Domspatzen-Familie“ zu stellen, auf die man nur ja
nichts kommen lassen darf. Das PNP-Interview mit Ratzinger wurde am heutigen
Dienstag auch in der Mittelbayerischen Zeitung veröffentlicht – immerhin mit
einem kleinen Hinweis auf Birkenseers Domspatzen-Bezüge.
11 Kommentare:
Wissen Sie, ob diese Zusammenhänge von Hubert Denk und dem Bürgerblick aufgegriffen werden?
Ich weiß es nicht.
Es ist ziemlich egal ob ein Hubert Denk die Zusammenhänge zwischen Birkenseer und den Domspatzen aufgreift oder nicht. Meiner Meinung nach ist jetzt die Verlegerin gefordert. Sie muss darüber befinden, ob so ein Journalist weiter Mitglied der Chefredaktion sein kann, wenn sie an der Glaubwürdigkeit ihres Blattes nur ansatzweise interessiert ist.
Was heißt denn „es ist ziemlich egal“?
Hubert Denk macht einfach den größeren Wellenschlag als dieser Blog. Hubert Denk hat qua Beruf schon, so mein Eindruck, mehr Zeit und die besseren Möglichkeiten für Recherche und Publikation. Und (wiederum eine Vermutung) Hubert Denk hat die in diesem Fall effektiveren Kontakte.
Die Dame mit dem Bindestrich aus dem Hause VGP sitzt diese Sachen doch aus. Allerdings wenn der Birkenseer schon auf der internen Abschussliste säße, dann käme diese Verstrickung möglicherweise einem Grund nahe, ihn zu schassen.
„Glaubwürdigkeit des Blattes“ erschließt sich mir übrigens in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Man „muss“ nicht über jedes Geflecht Rechenschaft abgeben, damit der Leser urteilen kann, ob der Artikel einen Wert hat (wir wissen doch alle, dass der Wert der PNP-Artikel zu 75 Prozent gegen bedenklich tendiert).
Viel trauriger als die sowieso ausbleibende Reaktion durch die Dame mit dem Bindestrich scheint mir die fehlende Position der übrigen Redaktionsmitglieder. Oder hat man schon etwas gehört, was einer Distanzierung von Birkenseer und seinem Artikel gleichkäme? Aber so sans, die Journalisten: eine durchweg feige Bagage ohne Zivilcourage. Verschanzt hinter Monatsgehältern, die höher liegen als bei Müllmännern, produzieren sie Müll, wo jene hingegen ihn wegräumen, mithin ein sauberes, sprich: wichtigeres Geschäft betreiben. Saubande.
To be continued.
@Gegenwind: die Journalistenschelte stimmt so jetzt nicht. Es gibt einen ziemlich deutlichen Post von Raimund Meisenberger auf Facebook, in dem er klar gegen Müller Stellung nimmt: https://www.facebook.com/raimund.meisenberger?fref=ufi
@Cromwell: bitte Screenshot, nicht jeder hier ist mit Meisenberger befreundet geschweige denn bei Facebook...
Merci vielmals!
@Cromwell:
Korrekt! Schelte trifft nicht, nimmt sie alles aufs Korn. Absolutes, wörtlich genommen, verkehrt sich in ihr Gegenteil. Aber ich denke, Sie wissen, was ich meinte.
Jedoch: Dass Sie den einen in Schutz nehmen für sein privates Statement auf Facebook, kann und mag ich nicht als Entschuldigung akzeptieren. Man könnte, und ich will tun, über den Richtungswechsel nachdenken, den der Austausch eines Buchstabens mit Herrn Meisenberger (RM) himself angestellt hätte. „Es“ ekle ihn an, schreibt RM.
Da ist sie wieder, die saftlos hingeworfene lockere Befindlichkeitsplusterei, die intellektuelle Dicke-Backen-Musik jener, die bequem leben in ihrer ausgepolsterten Redakteursnische: Über „es“ kann man trefflich streiten, es schmerzt nicht, niemand wird verletzt, man suhlt sich hinein in Common sense und tut, als sei man Meinungsführer, wartet auf ein „Chapeau“ wie es neuerdings so gerne wieder heißt – lieber hätte ich gelesen, er ekelt mich an! Er, dieser Müller, diese Haut und Knochen gewordene Selbstmitleidigkeit. Aber Feuilletonisten tun niemandem weh, außer wenn sie arme Musiker, Poeten, Bildhauer vorführen.
Hochachtung, wenn aus dem commoden Chambre séparée des Feuilletons ein launiger Schuß erfolgt wäre in Richtung „die Ethik des Journalisten“. Aber da wachen die Krähen und schützen die Augen und jene lieben Kollegen, mit denen man mittags den Krutsch heimsucht, oder wer immer heutzutage das Catering für die Meinungszunft herrichtet.
Bitte verzeiht mir: Ich weiß, damit bewege ich mich gefährlich nah in Richtung Überheblichkeit, Anmaßung, Arroganz (nenn’ es, wie du willst), was mir fern liegt. Ich beobachte, und ich ziehe meine Schlüsse. Oder um es mit den umwerfenden Worten eines Feuilletonchefs zu sagen, die er auf FB losließ:
„Ich stehe da eher staunend … und staune.“
Wieso läßt man bei der PNP Laura Lugbauer auf der Uni-Seite schreiben?
Ich sage nur "AlimniClub".
Gibt es die Kolumne aus dem Bürgerblick hier nicht mehr? (Schluchz)
Es gab urlaubsbedingt diesmal keine Kolumne im BB. Nächste Kolumne erst Anfang September.
Unglaublich wie wenig es braucht, um bei der PNP auf die Seite drei zu kommen. Ein wenig irr sein und eine Schwester mit gewissen Beziehungen zu haben scheint zu reichen und schon schreibt jemand einen Wahnsinnsartikel, der sich nicht mal so schlecht liest, aber mit der Realität so viel gemeinsam hat wie der Seehofer mit dem Söder.
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