Abgespeckt und abgenäht
Lieber Tölpel!
Der Herr Verleger (also der
hier, der vom Bürgerglück) hat mir mitgeteilt, dass wir immer zu viel Text
liefern und uns ab sofort diesbezüglich bescheiden sollten. Auf meinen Einwand
hin, dass der Bürgerglückleser vielleicht blöd, aber nicht zu blöd ist, sich
durch knapp 4.500 Zeichen zu lesen, meinte er, dass es daran ja gar nicht läge.
Man müsse bei unserer Kolumne unbedingt den Schriftgrad erhöhen, weil die
Schrift zu klein sei. Offensichtlich lag ich doch nicht ganz falsch: vielleicht
nicht zu blöd, aber zu alt und sehschwach. Dann meinte er noch, wir sollten
diesmal möglichst nicht die Leser beschimpfen, weil es sich um eine
Jubiläumsausgabe handelt. Okay.
Wahnsinn, oder? Kann man
mit drei Themen (Scheuer Andi, Altstadtkindergarten und Ilztalbahn) tatsächlich
100 Ausgaben vollschreiben? Und immer nur Genörgel und Negatives. In der Pasta
zum Beispiel – da steht auch mal was Positives (Passau: Deutschlands
Hipster-Hochburg, Passaus innovative Spitzengastronomie, Passaus
Premium-Promis). Oder in der PNP: Oster heilt Lahme, Osters wunderbare
Autovermehrung auf dem Domplatz, Oster kauft Auto mit geringerem
Kraftstoffverbrauch. So etwas wollen die Leute lesen. Unsere Kolumne hatte
übrigens kürzlich auch Jubiläum. Das hat der Herr Verleger aber nicht einmal
bemerkt. Na ja.
Rumnörgeln und Petitessen
zu Großkatastrophen hochjammern, das kann der Provinzler ja besonders gut. Wenn
im sogenannten Peschl-Areal ein paar Bäume gefällt werden sollen, dann gibt es
gleich wieder einen Riesen-Aufstand, weil gar nicht Wenige glauben, sie müssten
dann an einer Sauerstoffunterversorgung versterben. Dabei haben wir hier um uns
herum Millionen von Bäumen, die mir das Sonnenlicht stehlen und Tonnen von Laub
abwerfen. Weg damit. Dass es Bürgerinitiativen gibt, die sich gegen Mobilfunkmasten
engagieren, weil sie glauben, sie würden verstrahlt, könnte man eigentlich
genauso belächeln wie Menschen, die meinen, Chemtrails würden den Himmel
vergiften. Bei uns kommen die damit durch.
Deine Kathi
Liebe Kathi!
Ja mei. Solange man die Verschwörungstheoretiker und
Hysteriker ernst nimmt und sich mit ihren absurden Weltbildern und Ängsten
auseinandersetzt, um so mehr gibt man ihnen das Gefühl, sie wären im Recht. Die
Leute haben Angst, von Antanz-Flüchtlingen vergewaltigt/beraubt/ermordet zu werden,
von Mobilfunkmasten oder Gen-Food Krebs zu kriegen oder bei lebendigem Leib von
Horror-Clowns aufgefressen zu werden. Dabei liegt das Sterberisiko bei einer
Autobahnfahrt von Passau nach Regensburg um ein Zigtausendfaches höher.
Zu den Clowns hätte ich jedoch noch ein paar Ausführungen.
Ein Mann, der sich Zauberclown Rudolpho nennt, durfte in der PNP rumheulen, er
werde seit der Weltherrschaft der Horror-Clowns angefeindet. Dabei ist er doch
ein „netter Clown“ und bei Kindern „beliebt“. Lieber Herr Rudolpho, Kinder
haben Angst vor Clowns. Kinder mögen keine Clowns. Seit jeher. Dazu gibt es
übrigens eine interessante wissenschaftliche Studie aus England. Ich persönlich
finde Clowns auch ganz unerträglich. Die meisten Leute, die ich kenne, ebenso.
Sorry.
Noch mal Clown. Friedrich Hirschl ist 60 geworden. Jetzt
wird der Bürgerglück-Leser ohne Esoterik- und Montessori-Hintergrund fragen:
Who, the fuck, ist Friedrich Hirschl. Macht nichts. Dafür gibt es ja uns.
Hirschl ist Theologe, Lyriker und Künstler (einer von 30.000 in Passau). Und
wenn wir in unserem skurrilen Freundeskreis wieder einmal zu viel Rauschmittel
konsumiert haben, geben wir einen Hirschl-Band durch und jeder darf ein
Elaborat vorlesen. Beispiel gefällig? Bitte sehr: „Wolken nähen/ mit nassen Fäden/
Himmel und Erde/ zusammen.“ Hurz!
Übrigens hat die Passauer Polizei kürzlich mehrere hundert
Kilo Marihuana beschlagnahmt und damit die Welt wieder ein bisschen sicherer
gemacht. Wir schließen uns der Heimatzeitung an und sagen danke. Wir sind
sicher.
Euer Tölpel
5 Kommentare:
Lyrik: besser als illegale Drogen oder gefährliche halluzinogene Pilze.
Lyrik ist momentan eine winzige Nische, in der sich nur wenige Literaturbegeisterte tummeln. Das war mal anders, da zählten Lyrikbände zu den Topsellern.
Um so mehr sollten wir Lyriker, wie Friedrich Hirschl, nicht in eine verklärte Ecke stellen. Es ist gewiss nicht einfach, eine Stimmung mit knappen Worten auszudrücken. Nicht jeder hat Zugang zu solchen Texten. Ich schätze Hirschls Lyrik sehr. Überall gibt es was zu bekritteln, das soll sein Gesamtwerk nicht schmälern.
Wie man "illegale Drogen" und "halluzinogene Pilze" in ein Verhältnis zur Lyrik bringen kann, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das hört sich nach Wahl zwischen "Pest und Cholera" an.
Sensationell die PNP-Fotostrecke mit dem jonglierenden Bischof...das müßte doch Stoff für einen kleinen neuen Post hier geben.
Die Bilder sprechen doch für sich, da muss man nichts mehr erklären.
Ich bin leider im Urlaub. Also natürlich nicht leider.
Wenn ich es richtig programmiert habe, kommt morgen die Kolumne.
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