Sonntag, 1. Januar 2023

Wer klebt, der geht. Teil 2 zu: Von Dackeln und Wichtigtuern

Teil 1 der Geschichte lesen Sie bitte zuerst unter diesem Beitrag.


An der Ecke Schrottgasse bleibt die Gruppe kurz stehen und lauscht einem monotonen Singsang, der vom Rathaus her zu hören ist.

Stimmen: Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. 

OB: Geh weida. Als wenn der Dackel-Depp noch nicht gereicht hätt. Jetzt kleben da auch noch die Spinner von der Letzten Generation.

Dittlmann: Letzte Generation! Der war geil, Herr Oberbürgermeister.

OB: Warum? Die heißen doch so? Diese Wir-sind-laut-Typen?

Dittlmann: Nein, passt spitzenmäßig – Letzte Generation. Aber anders als Sie glauben.

Dr. Dr. G.: Schönen guten Abend, die Herren, bzw. guten Morgen.

OB: Grüß Gott, Herr Grochtmann. Ich hab gleich was Wichtiges für Sie zu tun. Gehens in Ihr Büro und stellens diesem Küblbeck, der da oben vor seinem sogenannten Museum bickt, einen Bußgeldbescheid aus. Jede Ordnungswidrigkeit, die Ihnen einfällt und maximale Gebühr. Das muss fünfstellig werden. Und dann klingelns beim Raufgehen beim Flisek. Der soll Ihnen den Zeugen für die Übergabe machen. Für was hamma die ganzen Juristen.

Stimmen: Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. 

Eberhardt: Wussten Sie eigentlich, dass Sie der OB und der Herr Dittlmann nicht mögen, Herr Grochtmann? Die mögen nämlich keine Akademiker.

Dittlmann: Langsam, langsam, Chorknabe. Der Ansgar ist in Ordnung. Obwohl er so religiös ist, gell. Oder singst Du auch, Ansgar?

Dr. Dr. G.: Selten, Andreas. Und wenn, dann ganz leise.

OB: Herr Grochtmann, jetzt hauens den Bußgeldbescheid raus. 

Dr. Dr. G.: Ich hab ihn, ehrlich gesagt, schon vorbereitet, Herr Dupper. Nur die Bußgeldhöhe fehlt noch.

OB: 50.000.

Dr. Dr. G.: Ich glaub, da kommen wir nicht durch.

Flisek: Das glaube ich auch. Servus beinand.

OB: Ah, Du bist schon da. Sehr gut. Gehst Du bitte mit dem Herrn Grochtmann rauf zum Küblbeck und sekundierst bei der Übergabe.

Flisek: Machen wir.

Dr. Dr. G.: Was soll ich jetzt reinschreiben?

OB: Lassts Euch was einfallen. Reizts alles aus.

Stimmen: Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. 

OB: So, und wir gehen jetzt zu den Spinnern von der Letzten Generation.

Dittlmann: Ja, ha ha, genau. Zur Letzten Generation. Spitze!

OB (murmelt): Also ganz sauber ist dieser Dittlmann auch nicht.

Dittlmann: Also... Vielen Dank für Ihre moralische Unterstützung, Herr Dr. Eberhardt. Ihr Pressefoto haben Sie auch schon. Ihre Hilfe wird nicht weiter benötigt. Einen schönen Abend noch.

OB: Ciao, Schullehrer.

Eberhardt: Mit Verlaub, die Herren. Die Zeit der Ausgangssperren ist vorbei. Ich kann hier stehen, ich kann zum Rathaus gehen – ganz wie ich möchte.

Dittlmann: Oder wollens noch ein Foto mit dem Stadtbrandrat? Für Ihr Frau? Oder sind Sie auch, ähmm...?

Eberhardt: Was bin ich?

Dittlmann: Ah, nix. Aber bei Euch Frömmlern weiß mans ja nie.

Flisek: Des war jetzt lustig!

OB: Was war lustig?

Flisek: Na, die Bußgeldbescheid-Übergabe an den Seppi.

OB: Was hat er gesagt.

Flisek: Du, Jürgen, des erzähl ich Dir, ähmm, mal wann anders.

OB: Was er gesagt hat, will ich wissen!

Dr. Dr. G.: Na, gesagt hat er eigentlich nichts. Er hat mehr... also... also eher mehr geschrieen.

OB: Was?

Flisek: Du Jürgen, pass auf, eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte: Das was der Seppi geschrieen hat, das war nicht nett, also echt nicht besonders nett.

OB: Die gute?

Flisek: Ich habe gefilmt, was er geschrieen hat. Das bricht ihm das Genick. Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Bedrohung – und zwar vom Feinsten.

OB: Das ist die gute Nachricht? Spinnst Du?

Flisek: Das wird teuer für ihn.

OB: Ah so. Sehr gut, ja.

Dr. Dr. G.: Da gäbs aber jetzt noch eine ganz schlechte Nachricht.

OB: Was?

Dr. Dr. G.: Er hat sozusagen schon einen Rechtsbeistand. Der ist gerade gleichzeitig mit uns aufgetaucht. Der hat zum Küblbeck gesagt, er gibt ihm 3000 Euro, wenn er sich von ihm verteidigen lässt.

OB: Was? Wer? Ha?

Flisek: Na, wer ist so Banane und zahlt einem 3000 Euro dafür, dass er ihn verteidigen darf?

Dittlmann: Der verrückte Professor.

Flisek: Bingo. Und ich befürchte schwer, er kommt gleich.

Dickl (von unten kommend, schwer atmend): Servus Männer, Servus, Chef. Ihr müssts sofort kommen. Wir brauchen einen Notarzt. Der Gerhard ist seit 20 Minuten im Hungerstreik.

OB: Welcher Gerhard?

Dittlmann (schlägt sich auf den Oberschenkel): Na, die Letzte Generation!

OB: Jetzt gemma nunter. Ihr nervts mich wie die Sau mit Euren depperten Andeutungen.

Stimmen: Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. 

OB: Das ist ja der... Und der....

Dittlmann (kichernd): Genau! Professor Doktor, die letzte Generation, Waschler und der Nicht-Doktor, die letzte Generation, Scheuer.

Waschler und Scheuer (nebeneinander vorm Rathaus auf der Straße klebend): Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut. 

OB: Herr Grochtmann, wir brauchen zwei Bußgeldbescheide. Schnell!

Flisek: Servus Andi, Servus Gerhard! Ihr habts Euch im Datum vertan. Heute ist Silvester, bzw. Neujahr. Nicht Rosenmontag.

Scheuer: Hoits Mei, Flisek. Wenn Du amoi soweit bist, red ich auch so blöd daher.

Dickl: Wieso? Wie weit bist denn, Andi?

Scheuer: Hoits Mei, Armin. Ich mach das nur aus, ähmm, Solidarität zum Gerhard.

Dickl: Des war mir ja völlig klar, Andi! Respekt, Andi! Super solidarisch, Andi!

OB und Flisek (grinsend): Genau! Respekt, Andi!

Waschler: Ich hab die Donaubrücke gefordert – vor Jahrzehnten! Die kommt auch – irgendwann. Ich rette Altenheime – dauernd! Ich bin mehrfach fast was geworden in München – mehrfach! Ich habe Akademische Direktorenstellen an der Uni Passau geschaffen! Ich habe neue Büros an der Uni Passau geschaffen! Ich habe das Habilitationswesen revolutioniert! Ja, Scheißdreck noch amal, und dann kommt so ein Bauern-Fünfer aus Salzweg und zerstört meine Zukunft.

Putzke: Hey Folks! Hi Gerhard, schau mal in Deinen Ausweis!

Alle unisono: Der Putzke!

Waschler: Was soll mit meinem Ausweis sein, Du gescheiterter Usurpator?

Putzke: Na schau halt auf Dein Geburtsdatum! Du bist raus. Und womit? Mit Recht. Jetzt kommen die Jungen!

Scheuer: Hoits Mei, Putzke. Und schau selber in Deinen Ausweis!

Putzke: Mein lieber Andi, soll ich Dir hier vor all den Leuten erklären, dass und warum Du in zwei Jahren dasselbe Problem haben wirst wie der Gerhard? In Kapitel 67 meines 2500-seitigen Buches über die CSU geht es um Dich und den Gerhard. Das Kapitel heißt übrigens "Das Nichterkennen der Zeichen der Zeit".

Scheuer: Ich erkenne alles, Du Nestbeschmutzer! Aber ich war alles! Alles! Generalsekretär! Bundesminister! Ich war mit Homestorys in der Bunten, Du Loser! Ich bin Präsident der Asienbrücke.

Flisek: Asienbrücke. Wow!

Putzke: Du warst, Andi. Ja, Du warst. Und in knapp drei Jahren warst Du Abgeordneter. 

OB (zu Dittlmann): Also so verkehrt ist dieser Putzke gar nicht.

Dittlmann: Also heute ist es zumindest so, dass ich ihm nicht spontan eine reinhauen möcht.

Putzke: Aber deshalb bin ich nicht hier, um Ihnen die politische Welt unter besonderer Berücksichtigung der sich im Niedergang befindenden CSU zu erklären. Mir ist zu Ohren gekommen, hier bräuchten mehrere Personen einen Strafverteidiger. Ich zahl auch gut. Herr Oberbürgermeister, haben Sie nicht Seppi Küblbeck eine schwere Körperverletzung angedroht? Herr Flisek, haben Sie nicht Seppi Küblbeck mit den Worten "härter, härter, härter" angestachelt, den Oberbürgermeister zu beleidigen und ihn dabei gefilmt? Herr Dittlmann, haben Sie sich nicht Herrn Küblbeck näher als drei Meter genähert bevor der OB auftauchte?

Dittlmann: Ja und?

Putzke: Also ich fürchte mich, wenn Sie sich mir weniger als drei Meter nähern.

OB (flüsternd zu Putzke): Sagens amal, Herr Putzke, was ist mit Ihnen nicht richtig?

Putzke (zwinkernd und flüsternd): Der Ossi ist schlau und stellt sich dumm. Beim Wessi ist es andersrum.

OB (leise): Verstehe. Show.

Putzke (leise): Für die Pfeifen da reichts.

Flisek: Bis jetzt hats noch nicht so richtig gereicht. Aber wir schauen es uns weiter an.

Putzke: Was ist mit Ihnen, Herr Dr. Eberhardt? Brauchen Sie als Schulleiter eines katholischen Mädchengymnasiums nicht schon qua Amt prophylaktisch einen Strafverteidiger? Obwohl – wären Sie so ein sexy-krasser Typ wie ich, wärs vielleicht ein Problem. Aber so... By the way... Katholisches Mädchengymnasium im Jahr 2023 – ich schmeiß mich gerade weg. 

Eberhardt: Herr Professor Putzke, da wo ich bald bin, kommen Sie nie mehr hin. 

Putzke: Ich bezweifle, dass ich da hin will.

Erika (heran joggend): Huhu! Hey Andi, Gerhard! Super, dass Ihr was fürs Klima macht! Mein vollster Respekt! 

OB (auf die Uhr sehend): Mei, schad, Erika. Wir sind gerade im Aufbruch. 

Dittlmann (gähnend): Ja, wirklich schad.

Erika: Soll ich mich mit ankleben, Andi? Was meinst? Oder, Gerhard?

Gerhard: Du, mir ist eh schon ein bisschen kalt, lass es gut sein. Aber danke.

Andi: Ich bin hier, ich bin laut, weil man mir die Zukunft klaut.

Waschler: Geschenkt, Andi. It's over.

Andi: Hoits alle Euer Mei! Ich bin hier, ich bin laut, weil man mir die Zukunft klaut.

OB: Herr Dittlmann. Also wenn Sie heute kurzfristig das Gefühl gehabt hätten, dass ich Sie mag, dann war das nur einer spontanen Emotion geschuldet.

Dittlmann: Geht mir ähnlich.

OB: Betrachten Sie es als einen One-Night-Stand.

Dittlmann: Ist mir auch lieber.

OB: Pfiat Eich!

Erika: Hurra! Ich klebe!





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