Angezählt und aufgedackelt
Lieber Tölpel!
Erst in unserem letzten Briefwechsel hast Du die Bildunterschrift
in der PNP zur neuen bayerischen Landwirtschaftsministerin kritisiert: „Agrarministerin Michaela Kaniber zieht im Landtag die Blicke mancher
Männer auf sich.“ Das kann man durchaus für sexistisch oder einfach nur für
peinlich und daneben halten. Jetzt wurde seitens der PNP ein journalistischer
Gutmach-Versuch unternommen und Frau Kaniber von ihrer Rolle als parlamentarische
Wichsvorlage zu ihrer von Natur her angestammten Mutterrolle befördert.
„Sie hätte so gerne ein viertes Kind“, steht in
der Überschrift im Bayernteil der Heimatzeitung vom 21. April. Leider ohne
Ausrufezeichen – das hätte die Verzweiflung und den Schmerz der dreifachen
Mutter und Blicke-auf-sich-Zieherin noch drastischer ausgedrückt. Es war
übrigens eine weibliche Redakteurin, die dafür verantwortlich zeichnet, dass
sich (wohl nicht nur männliche) CSU-Wähler und Bischof-Oster-Fans denken: „Dann
soll’s halt daheim bleiben, die Duschn, und nicht den Männern ihre
Ministerämter wegnehmen.“ Ich bin schon gespannt auf die nächste
PNP-Überschrift. Vielleicht so etwas wie: „Ministerin Kaniber bald zu alt für
viertes Kind? Mutterkreuz in Gefahr!“
Bischof Oster hat übrigens mit ein paar Exzellenz-Kollegen einen
Brief an den lieben Gott (den richtigen, den katholischen) geschrieben und ihn
eindringlich und mit Fristsetzung aufgefordert, Feuer und Schwefel auf die
deutsche Bischofskonferenz herabregnen und außerdem jeden Lutheraner, der die
Hand nach einer Hostie ausstreckt, vom Blitz erschlagen zu lassen. Sollte seine
Dreifaltigkeit dieser Forderung nicht umgehend nachkommen, sähe man sich
gezwungen, zeitnah die Inquisition, die Bartholomäusnacht und (als Zeichen von
Großmut und Gnade) den Ablasshandel wieder einzuführen. Hilfsweise könnten in
einem ersten Schritt Protestanten in überwiegend katholischen Regionen
verpflichtet werden, eine Binde mit einem aufgestickten „P“ gut sichtbar am
Oberarm zu tragen.
Deine Kathi
Liebe
Kathi!
Wie dieser Bischof tickt, war doch von Anfang an
klar. Also uns und allen sonstigen in der Aufklärung Angekommenen. Aber mit dem
Thema bin ich ohnehin durch. Ich weiß auch nicht, wen ich schräger finde. Einen
Bischof, der halt so ist, wie er ist oder Menschen, die ein Problem damit
haben, dass sie nicht gemeinsam zur Kommunion gehen können. Ich finde es viel
spannender, dass nach Jahren blinder Begeisterung sogar die PNP umgefallen ist
und sich mit Befremden über den Passauer Bischof geäußert hat, bzw. äußern
musste, um nicht den Leserzorn auf sich zu ziehen. Aber Frömmel-Freak
Birkenseer ist ja sehr flexibel in seiner Meinungsbildung und -äußerung.
Eine noch kürzere Messias-Amtszeit als Oster hatte
wohl der bis vor kurzem nahezu vergötterte EW-Intendant Bauer. (Beim Verfassen
dieser Zeilen war er zumindest noch Intendant.) So viel Lob (und
Vorschusslorbeeren) in so kurzer Zeit hat man selten gelesen. Irgendwie ist man
jetzt aber pleite, Frau Weber ist irgendwie sauer und weiß auch gar nicht mehr
so genau, ob Herr Bauer wirklich „so toll“ ist und schuld sind aber, wie immer,
die Anderen – also vice versa. Eine ganz andere Frage würde ich gerne noch
stellen. Was wird eigentlich aus der Konzerthausgeschichte, wenn – ich trau es mich
gar nicht zu schreiben – die EW tatsächlich irgendwann pleite sein könnten?
Ich fordere im Übrigen die Stadt Passau auf, ab
sofort sämtliche Marketing- und Tourismusförderungsmaßnahmen einzustellen und
als Ersatz hierfür ausschließlich Presseerklärungen von Konservengeneral Greipl
sowie den Betreibern des Dackelmuseums zu verteilen. Edel-Altstadt-Bewohner
Greipl schafft es als kauzig-skurriler Kleinstadt-Grantler immerhin regelmäßig
in die Süddeutsche, die Residenzplatz-Dackel aus dem Stand in die New York
Times. Wenn Du jetzt noch ein Video auf Youtube stellst, wo der Greipl „Wann
ich mit meinem Dackel zur Liesl ummi wackel“ singt, dann kannst Du die Lände
für die Kreuzfahrtschiffe bis zum Kachlet erweitern.
Dein Tölpel
1 Kommentar:
zu den Tourismusförderungsmaßnahmen eine Aktualisierung:
Die Stelle des Geschäftsführers City Marketing Passau ist ausgeschrieben. Claudia Huber hat gekündigt (wie es mancherorts heißt: überraschend).
zur Behauptung: „Mit diesem Thema bin ich durch“
Wir hatten einen Deutschlehrer, kriegsversehrt. Wenn der mit seinen Krücken vor der Klasse fuchtelte und dazu seinen Lieblingssatz herausdonnerte („Ich … bin … to…le…rant!“), wussten wir Zwölftklässler auch ohne die Weihen eines Psychologiestudiums: glatt gelogen! Zurück in die Gegenwart: Die Kolumne ist 586 Wörter lang, sagt meine Textverarbeitung; 259 davon benötigt der Autor, um’s zu beweisen, dass er „damit durch ist“. Aha.
zu Weber/Bauer und die EW:
Last night I dreamed a dream: Rosemarie Weber war Bürgermeisterin, gar OB. Und EW-Intendant Thomas groß E Punkt Bauer strich der Stadt Passau die Unterstützung. Ums Haar wäre die Stadt daraufhin Pleite gegangen, hätte nicht der Stadtrat Donau- und Innwasser in Halbliterflaschen abgefüllt und zum Online-Verkauf feilgeboten. Auf den Flaschen klebte das von Marketingfachmann Steiner konzipierte Label: „Ich war dabei. Hochwassser 2013.“ Vom Erlös baute die Stadt an jeder Kreuzung einen Kreisverkehr, sie schenkte den Flüchtigen ein Willkommenspaket (Inhalt: die Bibel, ein Kreuz, eine Flasche „ich war dabei“, einen Gutschein für zwei Tage kostenloses Probearbeiten im Cineplex [Popcorn von den Sitzen futtern], sie leistete sich ein Konzerthaus und engagierte einen Freiherr von Pangratz zum Hausmeister. Für dieses Engagement klopfte Mister Söder Frau OB Weber auf die Schulter, was diese zu einer #metoo-Suada nutzte – bis man sie darauf hinwies, welcher Partei Söder angehört. Nach allem, was man so hört, muss Weber jetzt im Bundesamt für Heimatkunde Deutschunterricht geben – zusammen mit Josefa Schmidt. Was für ein Traum!
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