Lieber Tölpel!
Das glaubst Du nicht, was mir wieder alles für Geschichten erzählt worden sind. Ich glaube sie ja selber nicht. Insofern sei mir ausnahmsweise der Hinweis zu Beginn unseres Briefwechsels erlaubt, dass es sich bei den folgenden Zeilen fast ausnahmslos um Gerüchte handelt, die eigentlich gar nicht wahr sein können. Aber trotzdem so interessant, dass ich sie Dir nicht vorenthalten kann. High-end fiction quasi.
Ein jeder meint ja, der schöne Armin dickelt sich jetzt vom JU-Lausbuben über den Fraktionsvorsitz zum OB-Kandidaten. Weit gefehlt. Wenn man informierten Kreisen Glauben schenkt, wird der nächste Oberjürgen-Herausforderer von der CSU erstens eine Frau und zweitens ein "Knaller". Tja, gut, Knaller haben sie ja genug, aber Frauen? Haben die überhaupt Frauen dabei, die noch im bewährfähigen Alter sind? Doch, stimmt! Die eine, die immer so lieb lächelt. Aber die kann es ja wohl nicht sein. Nein, nein, sagen da die Informanten - keine aus dem Stadtrat, eine Quereinsteigerin. Ich kann hierzu mein Brainstorming aber gar nicht richtig beginnen, weil immer, wenn mir wieder eine einfällt, die vielleicht in Frage käme, muss ich so lachen, dass ich nicht mehr denken kann.
Weniger aussichtslos, was das Abstauben politischer Ämter betrifft, steht derzeit diese neue "Partei" da, die meine ohnehin schon massive Orange-Allergie noch ins Unermessliche steigert. Deren exponierte Köpfe denken nun wohl auch in Passau schon laut darüber nach, ob sie lieber in den Landtag oder in den Bundestag gehen. Schließlich könne man es sich ja aussuchen. Und weißt Du, was das Schlimmste ist? Wahrscheinlich stimmt das auch noch. Freibier et circences. Wenn die, die solches fordern, tatsächlich ein bisschen an die Macht kommen, hat die Ochlokratisierung wieder einen großen Schritt gemacht.
Zu den schönen Dingen. Servus, Gruezi und adieu, Du schöne blaue Donau, könnte es vielleicht bald heißen, wenn es stimmen würde, was man sonst noch so herumflüstert. Der Neue habe jetzt schon keine Lust mehr, heißt es. Er möchte gar hinschmeissen, sagt man. Es gelinge ihm nicht, genügend Geld einzusammeln, kolportiert man. Außerdem stelle er die Gottgleichheit der Vorgänger-Lichtgestalt in Frage, tuschelt man. Ich habe ja schon länger nicht mehr das Anagramm-Orakel befragt, aber wenn man den Vor- und Zunamen der besprochenen Person als Anagramm liest, kann man schon so eine Ahnung kriegen. ERB GRAM – PUTT! ADE!
Ich weiß nicht, wie oft ich es jetzt schon in der Heimatpresse lesen durfte, dass Nina Hagen zu Los Wochos kommt. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie schrecklich ich diese Frau finde.
Was meinst Du?
Deine Kathi
Liebe Kathi!
Ich kann ja mit meinem Steinhirn das künstlerische Niveau von Los Wochos nicht einschätzen. Wenn man aber in Passau sozialisiert wurde und all das glaubt, was einem die letzten Jahrzehnte über diese Festspiele erzählt worden ist, könnte man ja durchaus vermuten, es handele sich um die größte kulturelle Errungenschaft der abendländischen Welt. Dass diese abgewrackte, unangenehm schrille, multireligiöse und von Außerirdischen entführte Irre mittlerweile Gospels singt, kann ja noch als stringente Entwicklung einer Profilneurose gesehen werden. Dass aber der mir nicht erklärbare Menschentypus des Gospelliebhabers die mir nicht erträgliche Musikrichtung "Gospel" ausgerechnet von Nina Hagen hören will, ist mir ein ähnliches Mysterium wie der Erfolg der Piratenpartei. Aber warten wir es ab. Wahrscheinlich war es dann wieder gaaanz toll.
Passauer Ärzte, aufgemerkt! Der Bund Katholischer Ärzte, ein Verein fundamentalistischer Hardliner sucht auf seiner Homepage Passauer Mediziner zur Gründung eines regionalen Ärztekreises. Die drollige Truppe zeichnet sich durch interessante Ansichten zu Sexualität (gegen Sexualkundeunterricht, gegen jegliche Form von Verhütung), Homosexualität (ist eine heilbare Krankheit) oder zur Stellung der Frau (bleibt zuhause beim Kind, keine Kindergrippen) aus. Ich denke, in einer Stadt, in der Stadtratsausschüsse nicht mehr beschlussfähig sind, weil ein Großteil der Mitglieder am hellichten Nachmittag in die Kirche muss, kann man doch sowas locker auf die Füße stellen.
Ein Hardliner anderer Art, nämlich ein Verkehrs-Fundi aus Thyrnau, hört nicht auf, sich lächerlich zu machen. Immer wieder schaltet er Anzeigen pro Nordtangente, die ob ihrer Rechtschreib-, Grammatik-, Formulierungs-, Inhalts- und Logikschwächen derartig armselig wirken, dass er einem in seiner Verbohrtheit fast schon wieder leid tut. Aber egal. Wir kriegen ja jetzt einen Tunnel. Und zwar von Hai- bis Auerbach. Unterm Inn durch. Eigentlich nicht schlecht. Ziemlich reizvolle Idee sogar. Meint die Bürgerinitiative. Sagt der Oberjürgen. Und freut sich wie ein Schnitzel. Warum? Die Innstadt-Wutbürger halten erstmal die Klappe, es wird eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und irgendwann (ich vermute schwer, nicht vor März 2014) wird das Ergebnis präsentiert, in dem es dann heißt: technisch machbar, aber leider nicht unter einer halben Milliarde Euro. Klappe zu, Affe tot, Status quo ante.
Panta rhei