Wohnst Du noch oder feierst Du schon?
Verständnisfrage: Wenn Menschen, die in der Stadtmitte wohnen, diese resigniert verlassen, weil sie sich zukünftig nicht mehr mit Lärm- und Vandalismusexzessen anfreunden möchten, flüchten sie dann aus einem Wohndisneyland oder aus einem Partydisneyland? Ich denke, die Antwort ist selbsterklärend. Gerade die Altstadt ist – vor allem in der wärmeren Jahreszeit – nicht nur Partydisneyland, sondern auch Tourismusdisneyland oder Falschparkerdisneyland für sonn- und feiertägliche Gottesdienstbesucher.
Wenn jetzt jemand fordert, wir bräuchten noch mehr „Diskotheken“, und zwar „gerade in der Stadtmitte, wo sie auch hingehören. Schaffen wir das in Passau nicht mehr, verkommt die Innenstadt zum ‚Wohndisneyland‘ für ruhebedürftige Herrschaften. Dann ist es still – lebenswert aber nicht mehr“, ist das nicht nur dreist, sondern auch überaus dämlich. Zum einen ist es einigermaßen frech, Menschen, die keine Lust haben, fast jede Nacht schreiende Partydisneylandbesucher zu ertragen und umgeworfene Mülltonnen wieder aufzustellen, als ruhebedürftige Herrschaften zu verunglimpfen. Zum anderen ist exakt das Gegenteil der Fall. Das Wort „lebenswert“ bedeutet doch wohl eher, dass Menschen dort gerne leben und nicht, dass das Partyvolk in unbewohnten, verlassenen Straßenzügen ausgelassen und lautstark feiern kann.
Nebenbei bemerkt: Junge Leute, die im Jahr 2025 immer noch das Wort „Diskothek“ benutzen, offenbaren damit ja auch ziemlich deutlich, wo sie hingehören – nämlich in die Großraumtempel irgendwo zwischen Wald und Gewerbegebiet, wo es weiterhin Rüscherl, Goaßmass sowie den Sangria-Eimer für 29 Euro gibt (kein Witz, habe ich recherchiert) und dort der urbaneren Bevölkerung nicht auf die Nerven gehen. Wenn sie dann nach Sangriaverkostung beim Verlassen der „Disko“ herumschreien, auf den Parkplatz kotzen oder sich gegenseitig die Nasenbeine brechen, wecken sie wenigstens niemanden auf.
Ich habe im Übrigen gar nichts gegen Clubs und Bars, auch nichts gegen Festivals auf Oberhaus oder Feste in der Altstadt. Ich ärgere mich nur über unsinnige und falsche Argumente, die klar an der Realität vorbeigehen. Der Begriff „Wohndisneyland“ ist perfide, absurd und wieder einmal geeignet, die Bevölkerung zu spalten. Keiner will ausgestorbene Innenstädte, aber jeder will irgendwann einmal schlafen. Nahezu jeder akzeptiert Clubs an geeigneten Stellen, aber kaum jemand begeistert sich für Geschrei und Vandalismus vor seinem Schlafzimmerfenster. Also immer schön bei der Wahrheit bleiben.
Apropos. Je einfältiger und schlichter ein Mensch ist, desto mehr ist er davon überzeugt, im absoluten Besitz der Wahrheit zu sein. Oder wie es David Dunning beschreibt: „Wenn man inkompetent ist, kann man nicht wissen, dass man inkompetent ist. Die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um eine richtige Antwort zu geben, sind genau die Fähigkeiten, die Sie benötigen, um zu erkennen, was eine richtige Antwort ist.“ Wenn jetzt ein Hauzenberger sagt, dass der Pfarrer mit Jugendlichen Alkohol getrunken habe, sei bekannt und dann erklärend hinzufügt „Wir sind auf dem Land. Schauen Sie doch mal zur Feuerwehr oder in den Schützenverein. Da passiert das auch“, offenbart er damit in erster Linie nur, dass er das Ausmaß seiner Inkompetenz nicht richtig einschätzen kann.
Natürlich ist es so, dass die Beschreibung „auf dem Land“ für Hauzenberg einen erheblichen Euphemismus darstellt. Natürlich ist es so, dass der Inkompetente das Falsche als das Richtige ansieht, wenn es alle anderen Inkompetenten um ihn herum auch so einschätzen. Und folglich ist es immer so, dass derjenige, der das Falsche nicht als normal, sondern als falsch beschreibt, vom Inkompetenten als Außenseiter, Störer oder Denunziant bezeichnet wird. Was das mit Hauzenberg zu tun hat? Keine Ahnung – ist mir gerade so eingefallen. Schwoam ma’s owe.