Donnerstag, 31. Dezember 2020

Der Asylant, Teil 1

1. Januar 2021, 0 Uhr 55. Der Passauer Oberbürgermeister serviert seinen Gästen im Schlafanzug (fünf Personen einschließlich OB aus zwei Haushalten) gerade heiße Milch mit Honig, als das Telefon klingelt.

Telefon: Ring, ring.

OB (starrt auf das Telefon und dann auf seine Frau): Was ist das?

Dem OB seine Frau: Hä, was ist was? Unser Telefon klingelt.

Telefon: Ring, ring.

OB: Des kann nicht sein. Wir haben Lockdown, Ausgangssperre, Böller- und Alkoholverbot, Corona – die Stadt ist absolut leer und still. Unmöglich, dass irgendwer einen Grund hat, jetzt anzurufen. Nicht amal der Dittlmann.

Telefon: Ring, ring.

OB (zu seiner Frau): Geh Du hin.

Dem OB seine Frau: Dupper, hallo?

Stimme (verzerrt und abgehackt, offensichtlich aus dem Auto): Hallo, hier ist... klack klack klack ...hallo?

Dem OB seine Frau: Hallo, ja? Ich verstehe Sie schlecht. Herr Dittlmann, sind Sie des?

Stimme: Wichtelmann? Jetzt ma... klack klack klack ...keine Witze. Hier spricht Ma... krrrkkk ...öder. Könnt ich denn bitte den Herrn Oberbürgermeister sprechen?

Dem OB seine Frau (genervt): Moment bitte. Jürgen, für Dich.

OB: Wer?

Dem OB seine Frau: Keine Ahnung. Nicht der Dittlmann. Ich hab Schröder verstanden. Er spricht a bissel komisch. Also kein Bayer.

OB: Dupper, 1. Januar, ein Uhr früh, nennen Sie mir den Grund Ihres Anrufs.

Stimme: Aaah, jetzt ist die Verbindung besser. Gottseidank. Grüß Gott, Herr Oberbürgermeister, hier spricht Markus Söder. Herr Oberbürgermeister, wir haben ein Problem.

OB (laut): Jetzt passen Sie amal auf, Herr Dittlmann, nur weil Sie im Lockdown möglicherweise vom Spezi auf ganz harte Sachen umgestiegen sind oder weil es Ihnen auf Ihrem Millionärsberg vielleicht zu langweilig ist und Sie meinen, es wäre lustig, aus Ihren Silvesteranrufen einen Running Gag zu machen, (wird lauter) gibt Ihnen das noch lange nicht das Recht, mich in der stillsten Silvesternacht aller Zeiten schon wieder zu terrorisieren. (Schreit:) Außerdem haben Sie absolut kein Talent darin, Politikerstimmen zu imitieren.

Stimme (auch laut): Jetzt hörens doch endlich amal mit diesem ominösen Wichtelmann auf, Herr Dubber. Hier imitiert keiner irgendwas. Hier spricht der bayerische Ministerpräsident. Mar – kus Sö – der. Des is hier ka Spass, sondern a Gaddastrophenfall. Unser geliebter Freistaat Bayern braucht Ihre Hilfe. Ka Spass.

OB (nach längerem Schweigen): Aha.

Söder: Herr Dubber, sind Sie noch dran?

OB: Ja, leider.

Söder: Warum sagens dann nix?

OB: Weil ich wart.

Söder: Auf was?

OB (sehr laut): Auf den Grund Ihres Anrufs natürlich. Auf den Katastrophenfall.

Söder: Herr Dubber, ich bin schon auf dem Weg zu Ihnen nach Bassau. Gaddastrophenfall ist eine Untertreibung – quasi. Des is a Code Red, aber so reddd, wie Sie sichs gar ned vorstellen können.

OB: Also wenn der Scheuer wieder Mist gebaut hat – das geht mich nichts an, das ist Ihr Bier.

Söder: Scheuer, papperlapapp, viel schlimmer.

OB: Was kann schlimmer sein?

Söder (flüstert): Drmp.

OB: Drmp?

Söder (leise): Dnld Drmp.

OB: Hä?

Söder: Donald Trump, der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, fühlt sich in seinem Land politisch verfolgt und hat deshalb politisches Asyl beantragt – und zwar genauer gesagt in Bayern und ganz genau gesagt bei mir im Kanzleram..., bei mir in der Staatskanzlei. Jetzt is es raus.

OB (atmet laut durch): Also wenn wir jetzt mal unterstellen, dass Sie kein Enkeltrick-Betrüger sind und das ganze hier kein Telefonstreich – was hab ich mit einem, politisches Asyl suchenden, Donald Trump zu tun?

Söder (mit Pathos): Herr Oberbürgermeister! Weil Sie der Beste sind! Der beste Gaddastrophenmanager, den wir..., der uns... – der wo mir einfällt, zumindest.

OB: Is scho recht. Und in Wahrheit?

Söder: Na ja. Da spielen jetzt mehrere Faktoren zusammen. Der kleine Herrmann, der große Herrmann und ich, wir waren uns einig, dass der Asylsuchende besser in die Peripherie passt, also ins Distale eher, verstehns?

OB: Distal von München?

Söder (erfreut): Genau! Wir verstehen uns. Und dann sind der kleine Herrmann, der große Herrmann und ich ganz schnell auf Niederbayern gekommen.

OB: Landshut, Straubing, Deggendorf, Regen, Freyung.

Söder: Herr Oberbürgermeister. Landshut ist irgendwie so nah.

OB: An München?

Söder: Genau! Und mit dem Pannermayr und dem Moser hab ich natürlich auch schon gesprochen. Die wollen den auf keinen..., ähhh, die können des ned so gut wie Sie.

OB: Is scho recht. Regen und Freyung sind ziemlich peripher.

Söder (lacht): Ja, ha ha, Herr Dubber, des schon. Aber a Gschäfd, in dem es auch an anderen Whisky als Jim Beam gibt, an Handyempfang und a Bevölkerung mit zumindest rudimentären Englischkenntnissen däd er natürlich schon brauchen. Und Herr Oberbürgermeister, schauns doch amal her. Das wird der krönende Abschluss Ihrer imposanten Karriere. Sie haben die Hochwassergaddastrophe gemeistert, Sie haben seit Jahren den Waschler und den Scheuer an der Bagge und jetzt kommts – wer war denn der, der die Flüchtlingswelle mit tausenden Asylsuchenden gesteuert und gemeistert hat? Der Passauer OB Jürgen Dubber!

OB: Und wenn ich nein sag?

Söder: Wenn Sie ja sagen, dann reden wir erstmal über die Schlüsselzuweisungen fürs nächste Jahr – also Sie sagen mir, was Sie brauchen. Wenn Sie ja sagen, dann mach ich die Uniklinik Passau zur Chefsache, das Verwaltungsgericht Niederbayern gehört sowieso nach Passau und wer sagt denn, dass das Wirtschafts- oder das Innenministerium unbedingt in München stehen müssen?

OB: Und wenn ich trotzdem nicht mag?

Söder: Wir haben nicht ewig Zeit, Dubber. Wenn Sie sich querstellen, dann liegt es dauerhaft nicht mehr in meinem Einflussbereich, was die ZF für niederlassungsstrategische Pläne hat und was aus Ihrem verschlafenen, rot regierten Provinzkaff zwischen dem Atomendlager Saldenburg und Temelin mittelfristig wird. 
 
OB: Klingt einleuchtend. Wie gehts weiter?

Söder: Ich wusste es! Ich hab zum Herrmann und zum Herrmann gesagt: Der Dubber ist ein Macher. Der wuppt das.

OB: Wofür brauchen Sie mich eigentlich?

Söder: Hörens zu, Dubber. Wir sind uns doch ähnlicher, als Sie wahrhaben wollen. Ich mach in Bayern, was ich will und Sie machen in Bassau, was Sie wollen. Die Idee mit denen vielen Bürgermeistern übrigens – erste Sahne, könnte von mir sein. Dass Sie diesen Dackl zum Bürgermeister gemacht haben und damit die gesamte CSU ruhig gestellt haben, grämt mich zwar, aber Reschbekt. Zur Sache: Die tanzen doch alle nach Ihrer Pfeife. Rufen Sie die Fraktionsvorsitzenden, und wen Sie sonst noch für wichtig halten, an und laden Sie zu einer Notstands-Stadtratssitzung in einer Stunde. Die wichtigsten Leute von der CSU haben wir schon verständigt.

OB: Eine Stadtratssitzung mitten in der Silvesternacht um halb drei Uhr früh, mit einer Stunde Ladefrist? Was soll denn die entscheiden können? Außerdem ist Ausgangssperre.

Söder: Des überlassens ruhig mir, Dubber. Die Allgemeinverfügung zur Ausnahme von der Ausgangssperre und zur Notstandssitzung hab ich schon dabei, die Polizei weiß Bescheid und die Ergänzungsverordnung zur Gemeindeordnung ist auch fast fertig. Par Ordre De Mufti, ha ha, da hab ich jetzt echt Routine, des könnens mir glauben, Dubber. Also... Ich bin jetzt bald in Dunkelbayern. Mei Navi sagt: 2 Uhr 15 Rathaus Bassau. Trommelns mir die Leut zamm.

Teil 2 folgt.





Samstag, 26. Dezember 2020

Die besten Zitate zum Jahresende 2020, Teil 3

Amen und ich sage Euch!

Erst wenn der letzte Spinner und der größte Hetzer in den Vatikan wegbefördert wurde, werdet Ihr sagen: "Guat, dass der Narrische weg is." 

Aber bis dahin werden ihn die ganzen Verwirrten weiter hofieren und seinen Konfabulationen lauschen.

Aber irgendwann ist er weg. Und dann wird es ein großes Heulen und Zähneknirschen geben und alle werden sagen: "Halleluja, der Narrische ist weg."

Aber ich sage Euch: Die Jünger des Narrischen bleiben die gleichen und es wird sie immer geben. Also hütet Euch vor dem Bösem und bedenkt immer:

"Auch Götter sterben, wenn niemand mehr an sie glaubt." (Jean-Paul Sartre)

Die besten Zitate zum Jahresende 2020, Teil 2


Schlimmstes hat Michael Steindorfner als Zehnjähriger im Passauer Seminar St. Max erlebt. Erstmals erzählt er öffentlich, wie ein Priester ihn sexuell missbraucht hat.

(...)

"Er kam nachts. Er holte mich auf sein Zimmer, setzte mich auf seinen Schoß und öffnete meine Hose." Beim Erzählen stockt ihm die Stimme. Er schildert unter Tränen weiter, wie der Präfekt mit dem jungen, in sexuellen Dingen unaufgeklärten Schüler immer wieder verfuhr, der bis dahin nicht wusste, was ein Samenerguss war. Es ist eine Geschichte, die schlimmer nicht sein könnte und nur als übelste sexualisierte Gewalt, als schonungsloser Missbrauch eines ihm Anvertrauten, zu bezeichnen ist. Dem Präfekten reichen die Übergriffe in St. Max nicht.

(...)

"Meinem Lebensentwurf fehlte etwas", sagt er. Es geht ihm nicht um die Entschädigungsleistung – immerhin will die Kirche jedem Opfer am Ende des Aufarbeitungsprozesses 50.000 Euro zahlen –, es gehe ihm um einen "Befreiungsschlag", einen persönlichen und einen für die Kirche. "Ich möchte eine Brücke bauen, damit Opfer zurückfinden, wieder Vertrauen finden."

St. Max 2

"Haus mit Seele sucht Besitzer mit Gefühl!“ Diese Formulierung ist auf Immobilienseiten zu finden, wenn es sich um ein außergewöhnliches Gebäude handelt. Das „Objekt“ – um in der Immobiliensprache zu bleiben – am Steinweg 1 an der Nordseite des Stephansdomes in Passau verbindet nach umfassenden Instandsetzungsarbeiten, Umbau und Ausbau in gelungener Weise Tradition und Moderne. Der Jugendpfarrer für die Diözese, Wolfgang de Jong, bringt es auf den Punkt, wenn er von einem „Haus für die Jugendseelsorge“ spricht – ein Haus mit Seele eben.

(...)

Die Sache ist unstrit­tig: Denk­mal­ge­schütz­te Immo­bi­li­en sind eine nach­hal­ti­ge Inves­ti­ti­on in die Zukunft und in die Kul­tur unse­res Lan­des. Sum­ma­sum­ma­rum belau­fen sich die pro­gnos­ti­zier­ten Gesamt­kos­ten für das Pro­jekt St. Maxi­mi­li­an nach offi­zi­el­len Anga­ben auf 7,8 Mil­lio­nen Euro. Der beson­de­re Mehr­wert des Hau­ses liegt allein schon dar­in, dass es ein Haus für die Jugend­seel­sor­ge ist.


St. Max 3

Zitat Napoleon Bonaparte:

"Religion ist das, was die Armen davon abhält, die Reichen umzubringen."



Die besten Zitate zum Jahresende 2020, Teil 1

Abschließende Betrachtung zur Pandemie, zum Lockdown, zu Weihnachten und irgendwie zu allem:

Wirkliche Schönheit, die berühre, leuchte wie Weihnachten von innen, war seine (Bischof Osters, der Verf.) Botschaft. Wie er selbst anfangs der falschen Schönheit erlegen ist, hatte er zu Beginn seiner Predigt mit persönlichen Worten erzählt: "Als junger Kerl habe ich mich besonders für schöne Mädels interessiert, aber festgestellt, dass ich diejenigen, die am meisten Geld und Mühe in ihre Schönheit investierten, irgendwann gar nicht mehr so schön fand.“ Sie erschienen ihm wie eine “herausgeputzte Fassade, innerlich blass, ichbezogen, selbstinteressiert und damit uninteressant.“ (Mediendenk)

Oder wie Oster in einem Anflug von reflektierter Realitätswahrnehmung noch erkennt: „Und mir scheint, dass auch die Dummheit nicht weniger wird.“