Mittwoch, 6. Oktober 2021

Hare Hare – Luja Luja!

Vor etlichen Jahren lernte ich eine lebenslustige junge Frau kennen, die mir erzählte, sie hätte eine Zeit lang im von Bhagwan gegründeten Ashram in Poona gelebt. "Das ist ja furchtbar", meinte ich, "dann warst Du ja in einer Sekte gefangen. Schlimm, schlimm." Da musste sie herzhaft lachen: "Sekte? Schlimm? Ich hab viel über Spiritualität, Yoga und Meditation gelernt. Ansonsten haben wir meistens Party gemacht und gevögelt."

Obwohl ich gestehen kann, dass die, eher hedonistisch orientierte, Osho-Jüngerin ansonsten ziemlich einen an der Waffel hatte, musste ich – als ich kürzlich über den Domplatz ging – seit langem wieder einmal an sie denken. Nachdem ich mit Freude feststellte, dass der Umbau am Pindl-Haus endlich fertiggestellt ist, fiel mir auf, dass sich vorm Haus ein paar junge Leute tummelten. 

Da fiel sie/es mir wieder ein. Das wird ja der Ashram von Bhagwan Oster. Die "Home Base", wo die jungen Menschen "in einer hippen Location christliche Gemeinschaft erleben und dann hoffentlich auch mit dem Glauben in Verbindung kommen sollen," so Oster.  Na hoffentlich nur mit dem Glauben! Obwohl – nach Party sahen die gar nicht aus. Vielleicht mal mit einem Jever Fun in der Hand bei einem Auftritt von Shalom Martin Göth umarmen. Augenscheinlich also eher die Keuschheitsgürtelfraktion.

Ansonsten exakt dasselbe System. Man nennt das Ding Jüngerschaftsschule (!), was noch mehr nach Sekte klingt als Ashram. Neun Monate Kasernierung, neun Monate Gehirnwäsche, dann anschließend in den Kreuzzug und die Welt missionieren. Und das Schönste: Den ganzen Irrsinn müssen sie auch noch selber bezahlen – alles wie in Poona, nur ohne Orgien. Jetzt warten wir mal die ersten neun Monate ab und freuen uns im nächsten Jahr auf die PNP-Schlagzeile: "Tanzende Hare-Krishnas in der Altstadt von Missionaren der Oster-Jüngerschaft überwältigt und zwangsevangelisiert."

Hare Hare – Luja Luja!

PS: Wenn ich heute – wieder mal – in der Zeitung lese, dass das Klinikum Passau im Jahr 2021 immer noch keine Schwangerschaftsabbrüche nach der Fristenregelung durchführt und zwar mit dem von der Klinik vorgebrachten und der Stadt Passau akzeptierten/tolerierten/gewünschten Totschlagargument (sic!) "Gewissensentscheidung", dann wünsche ich mir schon, dass wenigstens in der Unfallchirurgie keine Zeugen Jehovas arbeiten. Amen

Montag, 4. Oktober 2021

Aktuelle Kolumne aus dem Bürgerblick Oktober 2021

Passauer Verhältnisse

Ich schreibe diese Zeilen 18 Stunden nach Schließung der Wahllokale und verfolge natürlich weiterhin interessiert, wer der Glücklichere der zwei Unglücklichen sein wird, der unter Lindner und Habeck künftig Bundeskanzler spielen darf. Das will ich jetzt aber nicht vertiefen, weil Sie als Leser dieser Zeilen das Ergebnis vermutlich bereits kennen. Das Ergebnis, das ich jetzt bereits kenne, ist jenes von Andi Scheuer. 30,7 Prozent der Erststimmen für einen Bundesminister in einem niederbayerischen Wahlkreis ist jetzt – das, glaube ich, kann man so sagen – eher nicht besonders gut.

Man kann das aber auch anders sehen. Ein Herr S. aus Facebook hat am Morgen nach der Wahl ebenda nämlich folgendes veröffentlicht: „Lieber Andreas Scheuer, zu deinem tollen Wahlergebnis im Bundeswahlkreis darf ich im Namen der JU-Passau-Land ganz herzlich gratulieren. Wir freuen uns auf weitere tolle Erfolge für unsere Region.“ Aha, und was heißt das jetzt? Puh, Wahlkreis geholt, für Dich ein echt tolles Ergebnis. Und das gegen Angstgegner wie Schätzl und Auer. Oder heißt es einfach: Wir von der Passauer JU haben immer noch gar nichts geschnallt und machen einfach so weiter wie bisher. Hauptsache, wir können auch zukünftig ganz viele Selfies mit unserem Superstar Andi posten.

Ich befürchte zweiteres – das kann mir aber egal sein. Wenn ich allerdings lese, dass der Andi auch weiterhin für „tolle Erfolge“ verantwortlich sein soll, wird’s mir angst und bange. Was für tolle Erfolge soll der Mann denn noch liefern? Sinnlos Millionen in der Region verjubeln, mag ja den Bürgern hier noch gefallen, aber als Minister werden es halt immer gleich sinnlose hunderte Millionen für den Bund. Man stelle sich vor, der Mann wird Verteidigungsminister. „Grüß Gott, hier ist Scheuer, ich möcht gern 100 Starfighter bestellen. Was? Testen? Keine Zeit, ich marschiere nächste Woche in Afghanistan ein. Lieferung asap, Rechnung geht an mich.“

Und wenn er jetzt gar kein Ministerium mehr bekommt? Eigentlich unvorstellbar – der Andi ist für alles unter einem Ministeramt überqualifiziert. Bundestagspräsident oder zumindest stellvertretender? Geht auch nicht, oder? „Herr Abgeordneter Hofreiter, ich rufe Sie zur Ordnung. Ihre Frisur sieht absolut scheiße aus.“ Nein, geht nicht. Aber was kratzt‘s den Andi? „Sie brauchen sich über die Versorgung meiner Person und meiner Familie keine Sorgen zu machen! Diese Frage ist bis zum Einmarsch der Roten Armee weitgehend geregelt.“ So ist Franz Josef Strauß solchen Überlegungen begegnet und – seien wir uns doch ehrlich – mit wem außer Strauß könnte man Scheuer denn sonst vergleichen?

Vielleicht kommt ja in Berlin auch die Passauer Lösung. Also mehrere Bundeskanzler. Und wenn wir schon 735 Abgeordnete haben, brauchen wir auch viel mehr Ministerien. Der Lindner macht den Dittlmann und bringt alle seine Forderungen durch, dafür darf der Habeck wie die Erika Außenminister werden und der Laschet kriegt den Dickl-Part und wird Nebenkanzler. Wenn Scholz und Laschet beide Kanzler werden, erreichen sie zusammen auch immerhin 50 Prozent des Charismas von Saskia Esken. Die Baerbock wird LGBTQ- und Gender-Ministerin und unser Andi wird Klimaminister, fliegt den ganzen Tag mit einem solarbetriebenen Hubschrauber herum und heiratet Greta Thunberg.

Ein Blick in die Zukunft. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Audi AG, Dr. h.c. mult. Andreas Scheuer, der gerade im Kampf um das Kanzleramt knapp an Oliver Welke gescheitert ist, sagt im Interview mit dem neu aufgelegten und mittlerweile von ihm selbst herausgegebenen Bayernkurier einen Satz, den ein anderer großer Bayer schon 1969 gesagt hat: „Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Ich meine aber größtenteils andere, als die, die man mir vorwirft.“ Als in diesem Moment das in Gold gerahmte Bild von Franz Josef Strauß von der Wand fällt, lächelt Scheuer die Volontärin an und flüstert: „Kehren’s das weg, Fräulein.“